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Erbsenflocken = Krämpfe? Lathyrismus, Lektine, Platterbsen
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 21.06.2013 08:20    Titel: Re: Erbsenflocken = Krämpfe? Lathyrismus, Lektine, Platterbs Antworten mit Zitat

@Andreas
Nein, es ist nicht dein Fehler. Ich habe eher etwas zu heftig reagiert, da es sich um eine öffentliche Diskussion handelt und ich nach deinem Posting den Eindruck bekam, dass meine Beiträge falsch verstanden werden könnten im Zusammenhang des ganzen Threads. Insofern waren die Worte auch nicht an dich gerichtet. Das Hauptproblem ist, dass es eigentlich zwei verschiedene Themen gibt, die hier sich überlagern, einerseits eine theoretische von mir angestossene Diskussion, die wir offensichtlich eher in einer anderen Form hätten diskutieren sollen (nicht öffentlich, offtopic/kurioses oder im persönlichen Austausch etc.). Die andere Diskussion betrifft ganz konkrete Überlegungen für die Tierhaltung selbst. Da hast du ganz richtig auf die Probleme hingewiesen.
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Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 21.06.2013 19:36    Titel: Antworten mit Zitat

Miriam hat Folgendes geschrieben:
Ich werde wohl auch weiter meine Extremfälle, sollte ich nochmal so ein Hasi bekommen, zusätzlich mit Erbsenflocken füttern.

Aus meiner Sicht spricht überhaupt nichts dagegen. Erbsen(-flocken) sollten halt nur nicht den Hauptteil der Nahrung bilden. Erbsenflocken sind behandelt, was die Lektine unschädlich macht, trotzdem würde ich es nicht übertreiben (was Du ja auch nicht machst).

@David
ok, dann passt es ja... Wink

@fred
ich suche mal Informationen zu Deiner Frage zum Thema "Erbsen (ganze, keine Flocken), Linsen, Adzuki Bohnen, und Samen von Bockshornklee" zusammen. Wird etwas dauern, weil ich zur Zeit etwas im Stress bin. Aber vorab würde ich sagen, das Zulagen um die 2 - 3% im Futter kein Problem darstellen dürften.

Der Proteingehalt wird vor allem dann interessant, wenn die Tiere als Hauptfutter nur irgendwelche suboptimalen Alternativen wie Heu und Gemüse bekommen. Da fehlen dann z. T. essentielle Aminosäuren, die Erbsen halt liefern. Meine Aussage bezog sich nicht so sehr auf die Menge, sondern die Qualität des Proteins in Bezug auf die Aminosäuren. Die wurden und werden ja nicht ohne Grund als Tierfutter genutzt. Wink

freundliche Grüße,
Andreas
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Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 08.07.2013 20:16    Titel: Antworten mit Zitat

So, ich habe mal etwas gegraben. Ich hoffe, das fred ab und zu noch mal hier rein schaut und ich mich nicht umsonst gemüht habe... Wink

Lathyrus odoratus, Wohlriechende Platterbse, Edelwicke:
- enthält ß-Aminopropionitril und dessen Alpha-L-Glutamyderivat
- bei Verzehr ist nicht mit Lathyrismus zu rechnen
- ein Neunjähriger aß 70-80 Samen ohne Vergiftungssymptome
- als Therapie genügt es, reichlich zu trinken
Quelle: Frohne & Pfänder, 2005 (S.213)

Lathyrus sativus, Saatwicke, Saat-Platterbse:
- enthält bis zu 2,5% ß-Oxalyl-L-Gamma-ß-diaminopropionsäure (ODAP) und Homoarginin
- wenn die Samen nicht durch Auslaugen mit Wasser "entgiftet" werden, führt regelmäßiger Verzehr zu dem als Neurolathyrismus bekannten Erkrankungsbild
- Gehstörungen, Muskelschwäche, irreversible Paralyse, Krämpfe, psychische Störungen
- Schafe können sich möglicherweise durch Änderung der mikrobiellen Rumenflora auf die Giftigkeit einstellen
Quelle: Frohne & Pfänder, 2005 (S.213)

Leguminosen, allgemein:
Jeroch et al., 1993 hat Folgendes geschrieben:
Lectine (Hämagglutinine) kommen in allen Körnerleguminosen vor. Ihr Vorhandensein in Ackerbohnen wird verschiedentlich als eine Ursache für leistungsmindernde Effekte beim Einsatz höherer Rationsanteile angesehen. Im Vergleich zu Gartenbohnen (Phaseolus-Arten) ist jedoch die für Ackerbohnen ermittelte häJ:nagglutinierende Aktivität wesentlich niedriger. Die im Rahmen von Einsatzprüfungen gleichzeitig erfolgten Hämoglobingehaltsbestimmungen ergaben selbst bei hohen Ackerbohnenanteilen in der Ration bzw. Futtermischung keinen Hinweis für eine Schädigung der Erythrozyten. Nach diesen neueren an landwirtschaftlichen Nutztieren erzielten eindeutigen Ergebnissen dürften Lectine keine Ursache für Einsatzbeschränkungen von Ackerbohnen sein. Völlig anders ist die Situation bei den Phaseolus-Arten [Bohnen]. Sie müssen vor der Verfütterung grundsätzlich einer Hitzebehandlung (Kochen, Dämpfen, Toasten) unterzogen werden. Die Hämagglutinine werden dadurch denaturiert und somit ungiftig. Leguminosen enthalten wechselnde Konzentrationen an Protease-Inhibitoren, die die Wirkung proteinspaltender Verdauungsenzyme (Trypsin, Chymotrypsin, Papain) erheblich einschränken können. Ihr nachteiliger Effekt ist besonders bei der Verfütterung von rohen Sojabohnen bzw. ungetoastetem Extraktionsschrot bekannt geworden. Im Vergleich zu Sojabohnen ist jedoch die in den verschiedenen Körnerleguminosen ermittelte Protease-Inhibitor-Aktivität erheblich geringer (Tabellc 164). Sie übersteigt nur geringfügig die in getoastetem Sojaextraktionsschrot noch nachgewiesene Rest.aktivität. Süßlupinen sind praktisch frei von trypsinhemmender Aktivität [...]Das Vorkommen von Vicin und Convicin beschränkt sich auf Ackerbohnen und Wicken.[...] Diese negativen Inhaltsstoffe in der Ackerbohne sollen mutmaßlich auch die bei höherem Ackerbohnenanteil in Zuchtsauenrationen festgestellten negativen Effekte, wie geringere Ferkelzahl pro vVurf, herabgesetzte Milchleistung, verminderte Gehalte an Immunglobulinen und ein verändertes Fettsäurenmuster der Kolostralmilch, verursachen. Ebenso wie bei anderen Schadstoffen besteht auch bei diesen Verbindungen ein deutlicher genetischer Einfluß auf ihre Gehalte in den Ackerbohnenkörnern. Obgleich in Körnerleguminosen a-Galactoside nachgewiesen wurden, ist ihr Gehalt jedoch als ernährungsphysiologisch unbedenklich anzusehen (Brenes et al. 1988). Süßlupinen sind aufgrund einer züchterischen Selektion, die eng mit den Namen Baur und v. Sengbusch (Müncheberg) verknüpft ist, alkaloidarm. Sie enthalten nur noch Spuren des in den Bitterlupinen (Ausgangsformen) vorhandenen Alkaloidgehaltes (Tabelle 166), die für landwirtschaftliche Nutztiere unbedenklich sind.[...]Auffällig ist der geringe Gehalt an schwefelhaltigen Aminosäuren im Protein einheimischer Körnerleguminosen. Im Vergleich zum Sojaprotein liegt die Methioninkonzentration um 35 - 45% niedriger. VVie auch bei weiteren pflanzlichen Proteinträgern (Extraktionschrote, Einzellerprotein) sind die Thioaminosäuren die erstliinitierenden Eiweißbausteine. Sie erweisen sich als eindeutig wertbegrenzend beim Leguminosenprotein. Als alleiniger Proteinträger an Monogastriden verfüttert, besitzt Leguminoseneiweiß nur eine niedrige bis mittlere Proteinqualität, die sich jedoch durch Methioninergänzung deutlich verbessern läßt.(S. 285-286)


Die folgenden, empfohlene Mengen in Alleinfuttermitteln für Nutztiere sollen nur mal zeigen, in welchen Mengen Bohnen & Erbsen üblicherweise eingesetzt werden (aus Jeroch et al. 1993)
Ackerbohnen:
Kälber, Lämmer, Ferkel 10 - 15%
Geflügel-, Schweinemast 15 - 20%

Erbsen:
Kälber, Lämmer, Ferkel 10 - 15%
Geflügel-, Schweinemast 20 - 30%

Einfluss antinutritiver Pflanzenstoffe:
Kirchgeßner, 2008 hat Folgendes geschrieben:
Die Verdauung der Proteine kann darüber hinaus auch durch antinutritive Pflanzenstoffe beeinträchtigt sein. Neben den Hauptnährstoffen beinhalten Pflanzen auch so genannte Sekundärmetabolite. Diese sind Teil der chemischen Abwehr des Pflanzenorganismus gegen Aggressoren aus der Umwelt. Ihre Schutzwirkung kann aus AbstoBung (bitterer Geschmack), direktem Vergiften (Toxine) oder ernährungs- und wachstumshemmenden Effekten bestehen. Zu diesen sekundären Pflanzenstoffen gehören Proteaseinhibitoren wie beispielsweise die Trypsininhibitoren. Sie reagieren mit dem Pankreasenzym Trypsin und hemmen die Substratbindung am Enzym. Durch die inhibierte Trypsinaktivität fallen zudem zahlreiche weitere Enzyme aus, da Trypsin üblicherweise eine Vielzahl von anderen Verdauungsenzymen aktiviert. Relevante Mengen an Trypsininhibitoren enthalten Leguminosen wie die Sojabohne. Die ungünstige Wirkung dieser Inhibitoren kann jedoch weitgehend beseitigt werden, wenn das proteinhaltige Futtermittel mit Dampf erhitzt wird.[...] Auch Tannine zählen zu den antinutritiven Pflanzeninhaltsstoffen. Sie gehören chemisch zu den Polyphenolen und bilden Komplexe mit Proteinen. Auf diesem Wege hemmen sie die Aktivitätvon Verdauungsenzymen, führen aber auch zur Bildung von unverdaulichen Komplexen mit Nahrungsproteinen. Tannine sind in größerer Menge vor allem in Hülsenfrüchten (z.B. Ackerbohne, Erbse), Hirse, Gerste, Holz und Rinde von Eichen und Kastanien, aber auch in Traubenmaische enthalten. Tiere, die sich üblicherweise von tanninreicher Nahrung ernähren wie Reh, Elch, Gämsen, Ziegen und Damwild bilden ein tanninbindendes Speichelprotein, das die verdauungshemmende Wirkung der Tannine abschwächt.(S. 104-105)


Ackerbohnen (Vicia faba L.), Futtererbsen (Pisum sativum L.), Gartenbohnen (Phaseolus vulgaris L., Ph. coccineus L.)
Menke & Huss, 1987 hat Folgendes geschrieben:
Die größte praktische Bedeutung besitzen die für Mitteleuropa geeigneten Zuchtsorten von Ackerbohnen (Vicia faba L.) und Futtererbsen (Pisum sativum L.), deren Anbau in vielen Betrieben schon aus Fruchtfolgegründen erwünscht ist, neuerdings aber auch noch aus Marktregelungsgründen subventioniert wird. Am wirtschaftlichsten werden diese Körnerleguminosen im eigenen Tierstall verwendet. Neben einem günstigen energetischen Futterwert (vgl. Tab. 44) können sie bei Ergänzung durch andere Proteinträger - für Geflügel auch durch synthetisches Methionin (vgl. Seite 277) - einen nennenswerten Beitrag zur Deckung des Proteinbedarfs der Tiere liefern. Bezogen auf Körner mit 88 % TS liegen die Gehalte an verdaulichem Rohprotein für Schwein und Geflügel bei Ackerbohnen zwischen etwa 20 und 22 %, bei Erbsen zwischen etwa 18 und 20 %. Die Gehalte an Proteaseinhibitoren und Hämagglutininen sind um ein Vielfaches niedriger als bei den anderen Hülsenfruchtsamen. Wenn sie einwandfrei frisch sind, lassen sie sich im Rahmen bestimmter Höchstmengen ohne Vorbehandlung verfüttern. Rationen für Mastschweine können bis zu 15 %, für Legehennen bis zu 10 % und für Broiler bis zu 30 % Ackerbohnenschrot enthalten.
Gartenbohnen (Phaseolus vulgaris L., Ph. coccineus L.) sowie viele tropische Bohnenarten führen, in rohem Zustand verfüttert, zu erheblichen gesundheitlichen Schäden. Im gedämpften Zustand können sie jedoch ohne Schaden verfüttert werden (vgl. Seite 315). Als Futtermittel in den Handel gebrachte Bohnen von Ph. vulgaris und Ph. coccineus müssen nach Anl. 1 FMV einer geeigneten Hitzebehandlung »bis zur Zerstörung des Giftstoffes Phasin« (früher übliche Bezeichnung für Phaseolus-Hämagglutinine) unterworfen werden und dürfen max. 13 % Wasser enthalten. Dasselbe gilt für die durch Walzen von Bohnen bei Behandiung mit Wasserdampf gewonnenen »Bohnenflokken « (Normtyp-Anforderungen: min. 35 % Stärke, max. 6 % Rohfaser). Für die durch Walzen von Ackerbohnen, Erbsen, Kichererbsen, Linsen und Wicken hergestellten Flocken werden ebenfalls eine hydrothermische Behandlung und Wassergehalte von max. 13 % gefordert. (S. 214-215)


Literatur-Quellen:
Frohne, D. & Pfänder, H. J. (2005): Giftpflanzen. Ein Handbuch für Apotheker, Ärzte, Toxikologen und Biologen. 5. Aufl. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsges. ISBN 978-3804720602
Jeroch, H.; Flachowsky, G.; Weißbach, F. (1993): Futtermittelkunde. Jena, Stuttgart: G. Fischer. ISBN 3-334-00384-1
Kirchgeßner et al. (2008): Tierernährung: Leitfaden für Studium , Beratung und Praxis. DLG; 12. neu überarbeitete Auflage. ISBN 978-3769007039
Menke, k.-H.; Huss, W. (1987): Tierernährung und Futtermittelkunde. 3., neubearb. Aufl. Stuttgart: Ulmer. ISBN 3-8001-2491-2

Nur im I-Net gefunden:
Bockshornklee-Samen
http://www.bockshornsamen.de/index-0001.htm
http://idw-online.de/pages/de/news431680

Vigna angularis, Adzukibohne
http://lexikon.huettenhilfe.de/gemuese/adzukibohne.html

Zusammenfassend:
- Ackerbohnen und Erbsen halte ich für relativ unbedenklich. Was da als kritisch bewertet wird, spielt sich alles in einem Mengenbereich ab, der in der Heimtiertierhaltung eher nicht relevant ist. Ich glaube nicht, das jemand mit intaktem Verstand mehr als 30% Ackerbohnen & Erbsen verfüttern würde. Ich vermute, dass es sich für Linsen ähnlich verhält.
- Gartenbohnen und Soja(-mehl) würde ich persönlich nicht verfüttern bzw. empfehlen.
- Bockshornklee-Samen würde ich nur in geringen Mengen geben, diese Adzuki-Bohnen kannte ich bis dato nicht. (Die würde ich rein gefühlsmäßig nicht geben, obwohl sie wahrscheinlich unschädlich sind Wink ).
- Wicken und Platterbsen (als Pflanzen) werden von unseren Tieren schon immer sehr gern gefressen. Wenn diese die Schoten tragen, sind die Pflanzen meist schon so alt, dass sie nicht mehr gefressen werden. Die bringe ich dann auch nur noch selten mit. Man sollte halt nicht zuviele Schoten vorlegen, obwohl ich glaube, dass die auf Grund des Geschmacks bei reichlich Auswahl nur bedingt aufgenommen werden.

freundliche Grüße,
Andreas
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fred
Gast





BeitragVerfasst am: 09.07.2013 13:55    Titel: Antworten mit Zitat

Andreas hat Folgendes geschrieben:
Ich hoffe, das fred ab und zu noch mal hier rein schaut und ich mich nicht umsonst gemüht habe... Wink

Tut er. Ganz herzlichen Dank Andreas. Ich werde das jetzt erst mal verdauen... Cool
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 09.07.2013 19:09    Titel: Re: Erbsenflocken = Krämpfe? Lathyrismus, Lektine, Platterbs Antworten mit Zitat

Hallo,

ich habe auch noch ein paar Informationen zusammentragen können, welche jedoch eher allgemein zum Thema Giftigkeit von Leguminosen und deren Entgiftung sich beziehen. Die Studie ist nicht ganz neu (1962), daher kann sich vielleicht einiges noch geändert haben durch neue Erkenntnisse, aber für eine erste Einführung finde ich sie sehr umfangreich. Liener (1962) erwähnt folgende Giftsubstanzen, welche bei den Leguminosen vorkommen, wobei nicht alle bei allen vorkommen, einige scheinen häufig zu sein, andere kommen offenbar nur bei bestimmten Arten in grösseren Mengen vor:

Trypsin Inhibitoren
Die Funktionsweise beruht darauf, dass sie die Wirksamkeit des Verdauungsenzyms Trypsin (Verdauung von Eiweisse im Darm) hemmen. Sie lassen sich durch Hitze inaktivieren. Bei Labortieren (erwähnt werden Ratten, Mäuse, Hühner) hemmten/verzögerten Trypsin Inhibitoren im Futter das Wachstum dieser Tiere.
Bezüglich der genauen Wirkung erwähnte Liener dass es widersprüchliche Angaben gäbe - gut möglich dass das mittlerweile bekannt ist, ich habe das noch nicht mit aktueller Literatur überprüft.
Trypsin Inhibitoren sind unter den Leguminosen weit verbreitet.

Hämagglutinine
Sie werden auch als Lektine oder Phytoagglutinine bezeichnet. Auch sie werden durch Hitze zerstört. Berichte über die agglutinierende Wirkung auf rote Blutzellen wurde schon 1907/1908 erwähnt, das Prinzip und die Unterscheidung von den Trypsin Inhibitoren wurde offenbar erst später beschrieben. Liener erwähnt dabei eine Arbeit von Jaffé aus dem Jahre 1949.
Hämagglutinine sind unter den Leguminosen weit verbreitet

Goiterogene
So werden Stoffe bezeichnet, welche die Jodaufnahme blockieren und die Schilddrüse (thyroid gland) in ihrer Funktion hindern. Der Name stammt vom Englischen "goiter" für Kropf/anschwellen der Schilddrüse. Die negativen Auswirkungen der Goiterogene können mit der Gabe von Jod gelindert werden. Liener erwähnt in seiner Arbeit ein explizites Vorkommen in Soja, Erdnüssen, Gartenbohne (Phasoleus vulgaris), Erbse (Pisum sativum) und er weist auch darauf hin, dass die Kreuzblütler für ihre Goiterogene bekannt seien. Ich denke dieser Punkt dürfte für Miriam interessant sein Wink.

Cyanogene Glykoside
Liener geht vor allem auf die Limabohne (Phaseolus lunatus) ein. Er erwähnt zudem, dass andere Leguminosen vermutlich auch cyanogene Glykoside enthalten, darunter Kichererbse (Cicer arietinum), Ackerbohne (Vicia faba), Saatwicke (Vicia sativa). Die Angaben zu diesem Thema scheinen mir sehr punktuell zu sein, auch machen die Infos nicht den Eindruck, dass diese flächig vorkämen.

Weitere Giftstoffe
Als weitere Giftstoffe erwähnt Liener insbesondere Alkaloide und Saponine. Für erstere erwähnt er Vicia sativa, letztere handelt er ausführlicher am Beispiel der Soja ab. Weitere Pflanzen, die Saponine enthalten, kamen mir nicht bekannt vor, explizit erwähnt Liener die Gattung Canavalia. Auch diese Stoffe scheinen eher eine weniger bedeutende Rolle zu spielen.

Fabismus und Lathyrismus
Fabismus wird durch Vicia faba ausgelöst und trifft/traf in mediterranen Ländern ziemlich häufig auf. Interessant ist vielleicht in diesem Zusammenhang für uns, dass es auch bei Kaninchen ausgelöst werden konnte. Ansonsten würde ich dem jetzt keine grosse Bedeutung beimessen.
Zum Lathyrismus ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass Liener darauf hinweist, dass Lathyrus sativus zwar beim Menschen die entsprechende Krankheit auslösen kann, bei Ratten jedoch keine Wirkung zeigte. Dagegen spielen bei Ratten offenbar Lathyrus odoratus und Lathyrus prusillus eine Rolle und lösen dort ähnliche Symptome wie beim Menschen durch L. sativus aus. Demzufolge können wir nicht einfach von der Wirkung des Menschen auf Tiere schliessen. Auch scheint die Wirkung sehr artspezifisch zu sein.

Ferner gäbe es noch zu erwähnen, dass Leguminosen einen Mangel an gewissen Aminosäuren aufweisen, namentlich am häufigsten erwähnt wird Methionin. Bei Cicer, Lens und Cajans Arten sollen zudem auch Tryptophan und Threonin defizient sein. Erwähnenswert ist zudem noch der Umstand dass Cholin (Alkohol, das aus Serin und Methionin gebildet werden kann, daher nicht essenziell, früher aber als Vitamin B4 gehandelt) durch Kochen/Erhitzen bei der Entgiftung von Leguminosen ebenfalls zerstört wird. Das müsste natürlich bei der Fütterung auch bedacht werden. In der rationellen Fütterung wird das mit Supplementierung insbesondere von künstlichem Methionin gelöst, was bei grösserem Anteil von Leguminosen in der naturnahen Ernährung ein Problem sein könnte, da ein solcher Ausgleich dann nicht stattfindet.


Zur Entgiftung dieser Stoffe werden verschiedene Methoden diskutiert:
- Kochen wirkt bei Trypsin Inhibitoren, Hämagglutinine und Goiterogene
- Behandlung mit heissem Dampf (autoclaving) wirkt offenbar ähnlich gut wie Kochen
- Einweichen/Einlegen in Wasser (soaking) wirkt insbesondere bei cyanogenen Glykoside, welche mit Hitze nicht zerstört werden
- Keimung wirkt sehr unterschiedlich, bei Soja und Mungobohnen bzw. Urbohnen (Vigna mungo, syn. Phaseolus mungo) wirkt sie positiv und macht die Samen geniessbarer, bei anderen Pflanzen kann sie auch das Gegenteil bewirken oder keine klar bestimmbare Wirkung zeigen, dazu zählen unter anderem Lens esculenta, Cicer arietinum und Pisum sativum.
- Fermentierung scheint auch einen gewissen Einfluss zu haben, zumindest bei gewissen Pflanzen. Erwähnt werden als Beispiele lediglich Soja und Erdnüsse, welche beide durch Fermentierung (bei Soja zu Tofu) bekömmlicher werden.
- Supplementierung von Nährstoffen scheint insbesondere bei Stoffen hilfreich zu sein, welche einen Mangel begünstigen oder ein ungünstiges Aminosäureverhältnis aufweisen oder fördern. Gegen Giftstoffe wie cyanogene Glykoside kann das natürlich nicht helfen.

Zusammenfassung:
Neu ist die Erwähnung der Goiterogene, welche offenbar in Leguminosen weit verbreitet sind. Die meisten Giftstoffe lassen sich durch Hitze inaktivieren, allerdings gibt es auch als giftig geltende Arten, die umfangreichere Prozeduren benötigen (z.B. Wässerung). Auch interessant ist der Einfluss der Keimung auf die Verdaulichkeit, welche in gewissen Fällen durchaus von Interesse sein dürfte. Wenn ich mit den Informationen von Andreas vergleiche, sehe ich, dass vieles dort auch erwähnt wird, was mir jedoch an Liener gefällt, dass die Stoffe klar genannt und behandelt werden, was der Übersicht deutlich zugute kommt.

Literatur:

Liener, I.E. (1962): Toxic Factors in Edible Legumes and Their Elimination. American Journal of Clinical Nutrition 11: 281-298.
http://ajcn.nutrition.org/content/11/4/281.abstract


Der Vollständigkeit halber will ich hier noch erwähnen, dass insbesondere in Bezug auf Soja gerne erwähnt wird, dass diese Phytoöstrogene enthalte. Man findet mehr Informationen zu diesem Thema unter dem Begriff Isoflavone, eine Wirkstoffgruppe, die offenbar weit verbreitet ist innerhalb der Leguminosen, siehe Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Isoflavone
Gemäss diesen Infos wäre dieser Stoff aber eher positiv zu beurteilen.
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Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 10.07.2013 08:20    Titel: Re: Erbsenflocken = Krämpfe? Lathyrismus, Lektine, Platterbs Antworten mit Zitat

Es gibt noch eine Überlegung, die vielleicht berücksichtigt werden sollte. Soweit ich weiss sind Leguminosen auf dem Speiseplan der Kaninchen nicht unüblich (Andreas korrigiere mich, wenn ich was Falsches sage), was bedeuten würde, dass sie zu ihrem natürlichen Speiseplan dazu gehören.

Blicken wir auf den Speiseplan der Degus sieht es etwas anders aus: Auf die Schnelle fiel mir jetzt nur der Espino (Acacia caven) auf, der eher in kleinen Mengen gefressen wird, selbst die Samen machen offenbar saisonal maximal knapp 5% aus, dabei produziert der Espino diese Samen reichlich und er ist in Mittelchile sehr häufig... ich war ja im Frühling im botanischen Garten in Barcelona und dort hatte es recht viele Espinos und ich fand da auch reichlich Samen, obwohl die Pflanze keine Früchte trug, aber voll in Blüte war.
Bemerkenswert ist übrigens auch, dass es eine Reihe von Leguminosen in Chile gibt, da müsste eigentlich der eine oder andere auch auf dem Speiseplan der Degus zu finden sein. Habe ich da noch Leguminosen übersehen? Ich hab jetzt nämlich nicht alle überprüft.
Hier ist eine Übersicht, die ich zusammengestellt habe über die Ernährung der Wilddegus, da ist mittlerweile fast alles wichtige drin, das ich finden konnte:
http://www.degupedia.de/wiki/index.php/Nahrung_der_Wilddegus

Fairerweise möchte ich hier auch noch anfügen, dass meines Wissens keine Kleearten in der Nähe der Studienstandorte festgestellt wurden. Bei Wildmeerschweinchen beispielsweise gibt es alte Berichte, dass sie sich von Luzerne (Schneckenklee) ernähren würden und ich kann mir nicht vorstellen, dass Degus es nicht auch tun würden. Wobei selbst bei reichlichem Angebot ist es nicht sicher, dass sie die Samen in grösseren Mengen fressen würden. Aus eigenen Fütterungserfahrungen liebten meine rohe Hopfenkleesamen (Schneckenklee-Art), welche sie manchmal an den Pflanzen, die ich ihnen fütterte, finden konnten. Die Mengen waren dementsprechend auch eher klein, denn für grössere Megen hätte man entsprechend viele Pflanzen ernten müssen.
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Schlappohr
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Anmeldungsdatum: 15.02.2013
Beiträge: 359

BeitragVerfasst am: 10.07.2013 13:27    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Wicken und Platterbsen (als Pflanzen) werden von unseren Tieren schon immer sehr gern gefressen. Wenn diese die Schoten tragen, sind die Pflanzen meist schon so alt, dass sie nicht mehr gefressen werden. Die bringe ich dann auch nur noch selten mit. Man sollte halt nicht zuviele Schoten vorlegen, obwohl ich glaube, dass die auf Grund des Geschmacks bei reichlich Auswahl nur bedingt aufgenommen werden.

Ich fütter relativ viel Wicke und Platterbse, weil diese Pflanzen bei meinen Kaninchen sehr beliebt sind. Am liebsten werden die Blüten und Blätter gefressen. Mein Weibchen frisst ab und an auch mal Teile vom Stängel (meist dünne und junge Triebe). Dass die Schoten gefressen werden, konnte ich noch nicht beobachten. Bis jetzt sind sie immer liegen geblieben.
Ältere Pflanzen biete ich auch an. Da pulen meine Kaninchen sich dann nur die Blätter ab.
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Andreas
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Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 10.07.2013 20:55    Titel: Antworten mit Zitat

davX hat Folgendes geschrieben:
Soweit ich weiss sind Leguminosen auf dem Speiseplan der Kaninchen nicht unüblich (Andreas korrigiere mich, wenn ich was Falsches sage), was bedeuten würde, dass sie zu ihrem natürlichen Speiseplan dazu gehören.


(Lincke, 1943) schrieb z. B., dass vor allem Klee-, Esparsette-, Serradella- und Lupinepflanzungen beliebt sind.

(Turcek, et al., 1959) gaben aus Beobachtungen folgendes an: „sehr häufig oder bevorzugt" befressen wurden Luzerne, Rispenhirse, Gartenbohne, Roggen, Schafgarbe, Odermennig, Krause Distel, Gewöhnliche Wegwarte, Gewöhnliche Kratzdistel, Acker-Kratzdistel, Gewöhnlicher Feldrittersporn, Weißer Gänsefuß, Sichelklee, Kermesbeeren, Bibernelle, Windenknöterich, Gabel-Leimkraut, Schwarzer Nachtschatten, Große Brennnessel, Klee, Weizen, Mais, Beifuss, Echter Waldmeister, Wiesen-Flockenblume, Acker-Hornkraut, Zypressen-Wolfsmilch, Knöterich, Wiesen-Margerite, Gemeiner Rainkohl und Vogelmiere. „Als regelmäßig befressen“ werden Bergahorn, Espe, Feldulme, Esche, Hunds-Rose, Kratzbeere, Rote Heckenkirsche, Stieleiche, Weißdorn, Klee, Weizen, Mais, Acker- Hornkraut, Waldmeister, Rainkohl, Vogelmiere, Beifuß, Knöterich, Wiesen-Flockenblume, Wiesen-Margerite und Zypressen-Wolfsmilch angegeben. Wenig, selten oder nur örtlich befressen werden Blutroter Hartriegel, Grauerle, Hainbuche, Robinie, Schwarznuss, Traubeneiche, Mangold, Kohl, Kartoffel, Echter Nelkenwurz, Echtes Labkraut, Gänse- Fingerkraut, Gemeiner Schwalbwurz, Habichtskraut, Kälberkropf, Königskerze, Kornrade, Quirlblütiger Salbei, Rundblättrige Glockenblume, Schmalblättriges Weidenröschen, Schwarznessel, Wald-Reitgras, Wiesen-Lieschgras (Timothee- bzw. Timothygras) und Wirbeldost.

Auch bei unseren Tieren sind die äußerst beliebt.

Antwort auf Deine Frage also: Ja, Leguminosen gehören zum natürlichen Speiseplan des Kaninchen und werden auch bevorzugt gefressen.

freundliche Grüße,
Andreas
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