davX Team
Anmeldungsdatum: 08.06.2004 Beiträge: 8494 Wohnort: Schweiz
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Verfasst am: 15.02.2009 21:15 Titel: Virale und andere parasitische Erkrankungen bei Hasentieren |
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Huhu,
da es in Vergangenheit öfters angesprochen wurde, würde mich hier mal interessieren, was es alles an viralen, bakteriellen und anderen Erkrankungen bei Hasen und Kaninchen so gibt.
Ich habe hier "Lagomorph Biology" (von dem buch habe ich schon berichtet, es ist wirklich ein tolles Buch, aber schweine teuer, halt Springer *g*) und will daher einmal ein paar Inputs geben:
Krankheiten und ihr Ursprung
Bei vielen der heute verbreiteten Krankheiten wie RHD oder Myxomatosis hat der Versuch durch diese gezielt Kaninchen in ihrer Population einzudämmen, dazu beigetragen, dass sich diese verbreiten konnten. Dabei steht aber im Widerspruch, dass Kaninchen in Europa zu der endemischen Fauna gehören und wichtig sind für bedrohte Prädatoren, denen sie als Nahrung dienen, sowie weltweit auch als bedeutende Nutztiere gehalten werden, während sie in vielen Ländern, insbesondere Australien und Neuseeland, aber z.B. auch Argentinien und Chile deren native und teils stark bedrohte Tierwelt gefährden und durch ihren Einfluss auf die Pflanzenwelt auch dort starke Einflüsse verursachen.
RHD, RHDV, RHDVa
RHDV oder RHD Virus = rabbit haemorrhagic disease virus, auch "calicivirus" genannt
RHD befällt Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus)
RHDVa ist eine Variante von RHDV
RHD wurde zuerst 1984 in der Volksrepublik China festgestellt und verbreitete sich dann weltweit, ist heute in über 40 Ländern festgestellt worden.
Die Sterblichkeitsrate beträgt zwischen 40 und 90 %. Befallen werden sowohl domestizierte wie wildlebende Kaninchen jeder Altersstufe, klinische Symptome werden aber erst bei Tieren ab 40-50 Tagen festgestellt. RHD kann sich sehr schnell und epidemieartig ausbreiten. Es kann nasal oder oral übertragen werden, wobei auch passive Vektoren wie Insekten, Vögel oder Nagetiere sowie Gegenstände die mit infizierten Tieren in Berührung kamen, bei der Übertragung miteingeschlossen sein können. Selbst Felle infizierter Kaninchen oder deren Kadaver können die Viren tragen und weiter verbreiten (Lavazza & Capucci 2008).
In Australien wurde in einer Quarantänezone im Jahre 1991 mit Tests von RHDV an einigen nativen Tierarten begonnen um das Risiko abzuschätzen (Cooke 2008). Hintergrund war damals die Untersuchungen zu den Kaninchen-Flöhen, die damals voll im Gange waren und dass zu jener Zeit, im Jahre 1988 in Südostspanien eine RHD Epidemie gerade ausbrach. Später wurde der Virus dann in Australien auf Wardang Island (eine Insel in Südaustralien) freigesetzt, wo er unter kontrollierten Bedingungen weiter getestet wurde. Trotz allen Bemühungen, konnte der Virus von dort ausbrechen und verbreitete sich bald auf dem ganzen australischen Festland.
RCV
RCV = rabbit calicivirus, ist verwandt mit RHDV und wurde bei gesunden Kaninchen nachgewiesen. Es scheint sich dabei um einen nicht pathogenen Virenstamm, verwandt mit RHDV zu handeln (Lavazza & Capucci 2008). Der Versuch, Hasen mit RCV zu infizieren, schlug fehl.
EBHS
EBHS = European brown hare syndrome, befällt europäische Feldhasen (Lepus europaeus) und Schneehasen (L. timidus)
Die Krankheit ist gewissermassen der RHD ähnlich. Der genaue Ursprung des Virus ist unklar. Das Virus war noch vor RHDV bekannt. Erste Beobachtungen gehen auf Jäger in Schweden in die 1970er Jahre zurück und wurde 1981 dann erwähnt. Es könnte sich dabei um eine Mutation eines eurasischen lagomorphen Calicivirus handeln oder um ein neues, bisher harmlosen Virus, das mit südamerikanischen Baumwollschwanzkaninchen (Sylvilagus sp.) oder Hasen (Lepus sp.) in den 1970er und 1980er Jahre in Europa eingeschleppt wurde (Fröhlich & Lavazza 2008).
Myxomatosis
Der Virus verbreitete sich in Europa offenbar von Frankreich aus, wo er 1952 freigelassen wurde (Cooke 2008). Die Kaninchen entwickeln allerdings mit der Zeit Resistenzen, wobei das in Europa offenbar langsamer vonstatten ging als beispielsweise in Australien, wo unter anderem auch mit anderen Mittel gezielt und in grossem Stil versucht wurde, die Kaninchenvermehrung einzudämmen.
In den letzten Jahren wurde eine genetisch veränderte Version des Virus entwickelt, welcher genetisches Material des RHD Virus enthält. Die Arbeiten des neuen Virus soll der Immunisierung der nativen, europäischen Kaninchen helfen gegen Myxomatosis und RHD. In Australien dagegen soll ein genetisch verändertes Virus Kaninchen sterilisieren und so bei deren Populationsregulierung helfen. Problematisch bei diesen beiten Arbeiten ist, wenn einer dieser Viren in das falsche Gebiet gelangt, dass er die Populationsregulierungs- oder Populationschutzbemühungen zerstören oder zumindest zurückwerfen könnte.
Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass in Australien und Neuseeland gerade der Einsatz von Natriumfluoracetat (auch 1080, "monosodium fluoracetate") sehr vielversprechend im Kampf gegen verschiedene invasive Arten, nicht nur Neozoen, wie Kaninchen sondern auch beispielse Fuchskusus (ein Beuteltier), verwendet wird. Die Nebenwirkungen, Arten zu treffen, denen nicht geschadet werden soll ist sehr gering. Dazu kommt, dass in der australischen Tierwelt einige Tiere sich an den natürlich vorkommenden Wirkstoff von 1080, der in australischen Pflanzen (z.B. Gastrolobium spp.) vorkommt, angepasst haben und eine grosse Toleranz gegenüber diesem Gift zeigen. Obwohl diese chemische Bekämpfung zusammen mit mechanischer Zerstörung der Kaninchenbaue sich als sehr wirksam erwies, ist das grosse Problem bei dieser Art der Bekämpfung die hohen Kosten. Hier sind biologische Bekämpfungsmethoden wie Viren (Mxomatosis, RHDV,..) sowie Kaninchen-Flöhe eine interessante Alternative.
Kaninchen-Flöhe (rabbit fleas)
Die Kaninchen-Flöhe (Spilopsyllus cuniculi) wurden in den 1968 als neuer Vektor zur Übertragung von Myxomatosis in Australien eingesetzt (Cooke 2008). Neben Mykomatose übertragen die Flöhe auch Trypanosoma nabiasi (3). Sie sind der Hauptvektor bei der Übertragung von Myxomatosis bei Europäischen Wildkaninchen (Cooke 2008). Dieser Umstand verhalf ihnen, dass sie später gezielt zur Bekämpfung der Kaninchen in Australien ausgesucht und dort eingesetzt wurden. Problematisch war aber dass die europäischen Flöhe an das trockene Klima des australischen Innlandes nicht angepasst waren und Mühe damit hatten. Daher wurden aus Südspanien stammende Flöhe verwendet, die an trockenes Klima angepasst waren.
Von drei verschiedenen Flöhen wurde dann eine Art (X. cuniculi) gewählt und es wurden darauf hin Tests in Quarantänegebiete durchgeführt. Verschiedene australische Arten (25 waren es) wurden auf die Verträglichkeit der Flöhe getestet, ob diese negative Auswirkungen hätten. Im Jahre 1991 bekamen die Flöhe dann die Zulassung, dass sie in Australien freigesetzt werden durften. Die Arbeiten und Forschungen an den Flöhen in Australien führte wiederum zu Interesse an den Flöhen in Spanien, deren Unterarten und einer möglichen Isolierung während der Eiszeit. Dazu kam später dann die Idee auf, Kaninchen mittels eines Virus, das über die Flöhe übertragen wird, das die Kaninchen gegen Myxomatose und RHDV immunisieren soll.
Trypanosoma nabiasi
Bei T. nabiasi handelt es sich um einen für Kaninchen vermutlich nicht pathogenen Organismus (Cooke 2008), er wird teils aber auch als Parasit gelistet (2), möglicherweise da verwandte Arten der gleichen Gattung als parasitisch gelten (1). Die Hoffnung liegt aber darin, dass er dennoch durch genetische Veränderung vielleicht eines Tages zur Kaninchenregulierung verwendet werden könnte (Cooke 2008).
Quellen:
Cooke, B. (2008): Managing the European rabbit: converging interests between Australian research for rabbit control and European research for their conservation, S. 317-326. In: Alves, PC, Ferrand N, Hackländer, N (Hrsg.): Lagomorph biology. Evolution, ecology and conservation. Springer, Berlin, Heidelberg.
Fröhlich, K. Lavazza, A. (2008): European brown hare syndrome, S. 253-261. In: Alves, PC, Ferrand N, Hackländer, N (Hrsg.): Lagomorph biology. Evolution, ecology and conservation. Springer, Berlin, Heidelberg.
Lavazza, A. Capucci, L. (2008): How many calciciviruses are there in rabbits? A review on RHDV and correlated viruses, S. 263-278. In: Alves, PC, Ferrand N, Hackländer, N (Hrsg.): Lagomorph biology. Evolution, ecology and conservation. Springer, Berlin, Heidelberg.
(1) Trypanosome evolution, Trypanosomiasis Research Group, http://www.bio.bris.ac.uk/research/molpar/evolution.htm
(2) Parasites in rabbits, http://homepage.mac.com/mattocks/morfz/parasites.html
(3) The rabbit flea (Kaninchen-Floh), http://www.the-piedpiper.co.uk/th5c.htm _________________ Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)
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