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Literatur zu Zahnspitzen?

 
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 19.08.2013 00:11    Titel: Literatur zu Zahnspitzen? Antworten mit Zitat

Huhu,

hat jemand von euch Literatur zu Zahnspitzen?
Was mich interessiert, wäre sowas wie eine Definition oder genaue Beschreibung, was Zahnspitzen sind und was vielleicht auch interessant wäre, woher der Begriff kommt oder ob es vielleicht noch andere/alternative Begriffe gibt.

Was ich fand, ist dieses beeindruckende Foto, welches offensichtlich seinem Namen gerecht wird:
http://www.fachtierarzt-zahnheilkunde.de/blog/52_Zahnspitzen_beim_Kaninchen.html
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Schlappohr
Freak


Anmeldungsdatum: 15.02.2013
Beiträge: 359

BeitragVerfasst am: 19.08.2013 13:37    Titel: Antworten mit Zitat

http://www.vet-dent-lazarz.de/zahn5.htm
Hier wird noch der Begriff "verlängerte Zahnkanten" verwendet.

Vor ein paar Tagen habe ich beim TA mal wieder die Zähne von meinen Zahnkaninchen über ein Endoskop auf einem großen Bildschirm betrachten können.
Er hat ein Stufengebiss mit vielen Zahnspitzen. Bei ihm treffen die Zähne nicht senkrecht aufeinander, sondern stehen kreuz und quer. Dadurch nutzen sich die Zähne ungleichmäßig oder teilweise gar nicht ab. Besonders an den Stellen wo der gegenüber liegende Zahn fehlt, nutzt sich der Zahn meist nur zur Hälfte ab und so entsteht dann eine Spitze.

http://www.vet-dent-lazarz.de/zahn4.htm
Ich habe das noch gefunden, aber momentan keine Zeit es durchzulesen:
http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRSearchServlet;jsessionid=BDAE3B9FC4E4C1D3BD0D3805CD2D1050?mode=results&id=-cq720bliaecohkjlxtq0&numPerPage=10
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Noraja
Freak


Anmeldungsdatum: 25.04.2010
Beiträge: 663
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 19.08.2013 21:45    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

ich hab hier das Buch
Estella Böghmer (2011). Zahnheilkunde bei Kaninchen und Nagern. Lehrbuch und Atlas, Schattauer Verlag, Stuttgart

Zur Entstehung von Zahnspitzen bei Kaninchen, S. 143f ( ß beim Abtippen der Sätze weggelassen)
Zitat:
Mit der fortschreitenden Zahnelongation verstärkt sich die dezente pysiologische Krümmung der zunehmend auch strukturell veränderten Backenzähne (konkav nach aussen im Oberkiefer sowie konkav nach innen im Unterkiefer; s. Abb. 10-52). Als Folge dieser zunehmenden Zahnverbiegung werden die Zähne im Bereich der Kaufläche trotz der ausgreifenden latero-lateralen Kieferbewegungen an manchen Stellen nur noch unzureichend abgerieben, da sich durch die Zahnkrümmung die Kontaktfläche der Zähne vergrösserert und verlagert (Abb. 10-8 ). Es entstehen die für Kaninchen typischen, zum Teil sehr ausgeprägten bukkalen maxillären und lingualen mandibulären Zahnspitzen


Die Zahnspitzenentstehung beim Degu wird in dem Buch auch beschrieben. (S.152)
- Kieferverschiebungne seien beim Degu eher selten
- es gibt dennoch Tiere mit kaudaler Dislokation der Mandibula
- erster Unterkieferbackenzahn wird dann nicht genügend abgerieben und entwickelt eine rostrale Spitze
- wenn es zu einer zusätzlichen Zahnkippung kommt, kann sich "eine den Befunden bei Kaninchen ähnelnde, linguale Spitze" ausbilden.
_________________
www.kaninchen-info.de


Zuletzt bearbeitet von Noraja am 20.08.2013 21:43, insgesamt 2-mal bearbeitet
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 20.08.2013 13:32    Titel: Re: Literatur zu Zahnspitzen? Antworten mit Zitat

Danke, das ist ein guter Einstieg. Hast du das Buch dir selbst angeschafft oder ist es ausgeliehen?
Zum besseren Verständnis, da viele Lage-Begriffe verwendet werden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Anatomische_Lage-_und_Richtungsbezeichnungen
u.a. Mandibula = Unterkiefer, Maxilla = Oberkiefer
caudal = Richtung Schwanz, rostral = Richtung Schädel/Schnauze
lateral = zur Seite hin gelegen
lingual = Unterkiefer, zungenseitig
bukkal = backenseitig

@Schlappohr
Ich werde mir das ansehen.
Mir geht es unter anderem darum zu verstehen, ob unter Zahnspitzen bei den verschiedenen Arten das selbe gemeint wird, u.a. gibt es die auch bei Chinchillas und Degus häufig. Wären es verschiedene Erscheinungen, könnten sie auch unterschiedliche Ursachen haben, was unter Umständen unterschiedliche Vorgehensweisen in der Prophylaxe rechtfertigen könnte, wobei ich eher dazu neige anzunehmen, dass dem nicht so ist.
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Mina
Lästermaul


Anmeldungsdatum: 27.07.2013
Beiträge: 161
Wohnort: Luzern

BeitragVerfasst am: 20.08.2013 19:29    Titel: Re: Literatur zu Zahnspitzen? Antworten mit Zitat

Es würde mich auch interessieren in welchem Alter (Degu) so was auftreten kann. Ich nehme mal an, es betrifft eher die etwas älteren Tiere......
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Es grüsst Mina mit ihren 4 Degus und 7 Meeris Wink

Jeder dumme Junge kann einen Käfer zertreten. Aber alle Professoren der Welt können keinen herstellen.
(von Arthur Schopenhauer)
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DaLo
Lästermaul


Anmeldungsdatum: 05.04.2006
Beiträge: 212

BeitragVerfasst am: 20.08.2013 21:37    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

@Mina: Bei Degus ist es zwar in der Tat so, dass Zahnprobleme im Alter zunehmen, aber es gibt auch schon sehr junge Tiere, die betroffen sind.

Mit Frau Dr. Böhmer stehen wir von der DHS in gewissem persönlichen Kontakt. Sie bekommt von uns regelmäßig verstorbene Degus als Präperations- und Anschauungsmaterial, da sie ziemlich offen zugibt, dass sie letztlich viel zu wenige davon bislang auf dem Tisch hatte, um gesicherte Aussagen über Zahnanomalien und deren Ursache treffen zu können. Soweit uns möglich, bekommt sie die "Geschichten" der Degus und die Körper, von denen sie aber nur die Gebisse wirklich interessieren.
Ein kleiner Auszug von Frau Dr. Böhmer:
"Ich schreibe momentan ein neues Buch über Zahnerkrankungen bei Kaninchen und plane weitere über Meerschweinchen, Chinchillas und Degus. Dafür würden die Präparate verwendet. Bei Degus ist mir bisher aufgefallen, dass vor allem die Unterkieferbackenzähne retrograd elongiert sind. Die oberen hingegen nicht, oder nur dezent und wenn, dann ist nur der letzte Molar betroffen, der sich nach kaudal verbiegt. Ist das auch bei einem größeren Patientengut so, oder war das bei den bisherigen Präparaten Zufall? Was könnte die Ursache hierfür sein? Das sind die Fragen, die ich gerne klären würde."

Das Buch über die Zahnerkrankungen bei Kaninchen ist letztlich fertig und befindet sich derzeit beim Lektor.

Gruß, Dagmar
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 21.08.2013 00:44    Titel: Re: Literatur zu Zahnspitzen? Antworten mit Zitat

Ich habe selbst jetzt noch eine Recherche gemacht. Sucht man Fachliteratur mit dem Begriff "Zahnspitzen" wird es schwierig, weil das offenbar auch im Humanmedizinbereich verwendet wird oder auch öfters findet man es im Zusammenhang mit Sägeblätter, die eben aus Zahnspitzen bestehen. Grenzt man die Suche nun auf Nagetiere oder Kaninchen ein, dann wird die Suche schnell recht dünn. Ich habe daher als alternative nach "spikes" gesucht, oder wie in einer Studie von Jekl et al. (2008) werden die offenbar "spikes on check teeth" genannt, sprich Spitzen an Backenzähnen, also eigentlich recht treffende Umschreibung. So stiess ich dann auf ein paar interessante Quellen, hauptsächlich zum Bereich Kaninchen, Chinchilla, Meerschweinchen.
Interessant fand ich ein Bericht über das Auftreten eines Elodontoms bei Meerschweinchen. Was mir nicht bewusst war, die bisher beschriebenen Fälle betrafen offenbar alles retrograd wachsende Schneidezähne, in diesem Falle war es jedoch ein maxilliärer, retrograd wachsender Backenzahn. Dem Meerschweinchen wurde in jenem Falle der Backenzahn gezogen und das Elodontom behandelt, doch der Zustand des Tieres verschlechterte sich und schliesslich wurde es erlöst (euthanasiert).

Auch was die Zahnspitzen angeht, bin ich mittlerweile etwas weitergekommen, allerdings überwiegend durch das Betrachten von Bildern mit fehlgestellten Zähnen und mit Beschreibungen, wie die Zähne falsch abgenutzt sein können und welche Zahnprobleme es so allgemein gibt. Neben Zahnspitzen durch Verschiebung der Zähne und dann fehlende Abnutzung, wie z.B. auf dem Bild des Links eingangs, gibt es auch noch andere Möglichkeiten, darunter auch die Brücke, bei der die Backenzähne gegen innen wachsen und die Zunge verletzten können.

Zitat:

Bei Degus ist mir bisher aufgefallen, dass vor allem die Unterkieferbackenzähne retrograd elongiert sind. Die oberen hingegen nicht, oder nur dezent und wenn, dann ist nur der letzte Molar betroffen, der sich nach kaudal verbiegt.

Wäre das auch bei einer grösseren Anzahl Tiere immer noch so, wäre das ein Hinweis, dass Elodontome bei Degus vermutlich kaum eine Rolle spielen. Andererseits ist jetzt wohl noch zu früh um Schlüsse zu ziehen. Aber die Sache klingt auf jeden Fall interessant.

@Mina
Das ist unterschiedlich. Bei meinen Degus tauchte es damals in fortgeschrittenem Alter auf, ca. zwischen 3-4 Jahre, man liest aber auch von Jungtieren mit 0,5-1 Jahr und schliesslich erdenkliche Zwischenwerte zwischen diesen beiden Bereichen. Tendenziell erkranken Degus schon eher im "höheren" Alter, sprich so ab 2-3 Jahren, das geht auch aus Studien hervor.

Literatur

Jekl et al. (2008): Quantitative and qualitative assessments of intraoral lesions in 189 small herbivorous mammals. The Veterinary Record, 162: 442-449.
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 23.08.2013 02:17    Titel: Re: Literatur zu Zahnspitzen? Antworten mit Zitat

So, hier kommt noch eine Quelle, allerdings nicht soo umfangreich:

Zitat:

Zahn- /Kiefererkrankungen
Eine reduzierte Futteraufnahme aufgrund von Zahnerkrankungen wird oft von kompensatorisch gesteigerter Wasseraufnahme begleitet.

Ätiologie & Pathogenese
Bei verschiedenen Zahnerkrankungen, insbesondere wenn Zahnspitzen vorliegen (Abb. 2.116), die bereits Verletzungen der Zunge oder der Wangenschleimhaut verursacht haben, sind eine ungestörte Futteraufnahme und ein regelrechtes Kauen nicht mehr möglich. Bei Meerschweinchen können die Backenzähne so weit lingual überwachsen, dass die Zungenbeweglichkeit eingeschränkt ist und ein Futtertransport dadurch unterbunden wird (Abb. 2.117). Oftmals fällt bei den betroffenen Patienten eine Polydipsie als Versuch auf, den Flüssigkeitshaushalt trotzdem auszugleichen. Zudem wird durch das Trinken auch ein kühlender Effekt an den Verletzungen erzielt.

Quelle: S. 164, in: Ewringmann & Glöckner (2005): Leitsymptome bei Meerschweinchen, Chinchilla und Degu. Enke, Stuttgart.

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DaLo
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Anmeldungsdatum: 05.04.2006
Beiträge: 212

BeitragVerfasst am: 23.08.2013 08:54    Titel: Re: Literatur zu Zahnspitzen? Antworten mit Zitat

davX hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Bei Degus ist mir bisher aufgefallen, dass vor allem die Unterkieferbackenzähne retrograd elongiert sind. Die oberen hingegen nicht, oder nur dezent und wenn, dann ist nur der letzte Molar betroffen, der sich nach kaudal verbiegt.

Wäre das auch bei einer grösseren Anzahl Tiere immer noch so, wäre das ein Hinweis, dass Elodontome bei Degus vermutlich kaum eine Rolle spielen. Andererseits ist jetzt wohl noch zu früh um Schlüsse zu ziehen. Aber die Sache klingt auf jeden Fall interessant.

Was sind denn Elodontome? Google mag mir da gar nicht weiter helfen.
Im übrigen habe ich gerade eine alte Degudame, wo es genau so zutrifft. Es sind die beiden oberen letzten Molare betroffen. Allerdings weniger kaudal, als lateral.

Gruß, Dagmar
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 23.08.2013 12:53    Titel: Re: Literatur zu Zahnspitzen? Antworten mit Zitat

Sorry, wir hatten das Thema vor einiger Zeit mal hier... ich war zu schusselig und hab vergessen den Link anzugeben:
http://www.degupedia.de/forum/viewtopic.php?t=2847&highlight=elodontom

Das sind eine Art Tumore, die an der Zahnwurzel im Oberkiefer entstehen. Normalerweise sollen die an den Schneidezähnen auftreten, es gibt aber auch einen dokumentierten Fall bei einem Meerschweinchen, der an einem Backenzahn auftrat und es gibt ja auch diese Schockerfotos mit Backenzähne, welche in den Schädel wachsen, welche darauf hindeuten, dass auch in diesem Falle Elodontome/Tumore auftreten könnten, da es da offenbar einen Zusammenhang gibt. Ob es auch ein retrogrades Wachstum ohne Tumorwachstum gibt, sprich ob diese beiden Erscheinungen zwingend aneinander gekoppelt sind, das weiss ich jedoch nicht.
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atropa belladonna
Freak


Anmeldungsdatum: 02.12.2008
Beiträge: 1252

BeitragVerfasst am: 23.08.2013 17:06    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:

Zum besseren Verständnis, da viele Lage-Begriffe verwendet werden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Anatomische_Lage-_und_Richtungsbezeichnungen
u.a. Mandibula = Unterkiefer, Maxilla = Oberkiefer
caudal = Richtung Schwanz, rostral = Richtung Schädel/Schnauze
lateral = zur Seite hin gelegen
lingual = Unterkiefer, zungenseitig
bukkal = backenseitig


die Zähne haben eine eigene Richtungsbezeichnung (im Wikiartikel nach unten scrollen) Wink Caudal ist da distal. Ausserdem beinhaltet die Endsilbe -al schon das "nach". Also z. B. nicht "nach caudal", sondern nur caudal.
_________________
"Manche führen,
manche folgen
"

(Rammstein)
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Schlappohr
Freak


Anmeldungsdatum: 15.02.2013
Beiträge: 359

BeitragVerfasst am: 23.08.2013 21:49    Titel: Antworten mit Zitat

Für mich klingt es so, als wenn Elodontome so etwas ähnliches wie Granulome sind.

Granulome sind knotenartige Gewebeveränderungen an den Zahnwurzeln. Bei meinem Kaninchen sind die Granulome an allen Backenzähnen vorhanden. Sie verbinden die Zahnwurzel mit dem Kieferknochen, sodass kein Zahn gezogen werden kann, ohne das man riskiert, die Kieferknochen zu beschädigen.
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 24.08.2013 12:29    Titel: Re: Literatur zu Zahnspitzen? Antworten mit Zitat

Elodontom
In der Literatur werden sie auch als Pseudo-Odontome (engl. pseudo-odontoma) bezeichnet. Soweit ich das noch recht in Erinnerung habe, sollen im Gegensatz zu den Odontome die Elodontome bei nachwachsenden, offenen Zahnwurzeln auftreten, Odontome scheinen mir dagegen bei neu wachsenden Zähnen aufzutreten, die keine nachwachsende Wurzel haben. Die beiden Begriffe sind daher thematisch recht ähnlich und daher wohl die Umschreibung mit dem Präfix "pseudo".

Odontom
Ist eine Wucherung (Hamartom), die mit dem Zahnwachstum zusammenhängt bzw. von diesem verursacht wird. Bei Menschen entstehen sie bei noch nicht nachgewachsenen Zähnen (unerrupted teeth).
Siehe auch: http://en.wikipedia.org/wiki/Odontoma

Granulom
Unter Granulom (von lat. granulum „Körnchen“) versteht man eine entzündungsbedingte, knotenartige Gewebebildung. Genauer gesagt handelt es sich um Immunzellen (Makrophage), die versuchen eine Fremdsubstanz einzuschliessen, die sie aber nicht eliminieren können. Sie kommen jedoch keineswegs nur bei Zahnerkrankungen vor, auch wenn dieser Begriff in Zusammenhang mit Kleinsäugern (namentlich Chinchilla, Degu, Kaninchen) offenbar hauptsächlich (nur?) in diesem engen Rahmen genutzt wird. Wieso ist mir ein Rätsel... Question

Unter anderem können sich Granulome auch bei Morbus Crohn in der Darmwand bilden, wenn es dort zu Entzündungen kommt, bei Tuberkulose können sie auftreten und noch in vielen anderen Fällen.

Interessant ist übrigens auch folgende Information der englischen Wikipedia:
Wikipedia hat Folgendes geschrieben:

It is a collection of immune cells known as macrophages.[1] Granulomas form when the immune system attempts to wall off substances that it perceives as foreign but is unable to eliminate

Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Granuloma


Siehe auch: http://en.wikipedia.org/wiki/Granuloma

Insofern würde ich sagen, es könnte sein, dass Elodontome Granulome sein können, doch Granulome sind ein sehr allgemeiner Begriff für eine bestimmte Form von Entzündung, die zu Knöllchen führt. Auch scheint mir der Begriff Granulom mehr Bezug auf die Art der Wucherung zu nehmen (Makrophagenklumpen bei Entzündungen), während der Begriff Elodontoma auf ein eng umgrenztes Symptom begrenzt, das nur in einem gewissen Zusammenhang (bei nachwachsenden Zähnen an der Zahnwurzel) und an einem gewissen Ort (Zahnwurzeln des Oberkiefers) auftreten kann.

Ich hab übrigens kurz noch alte Chinchillaliteratur durchgesehen:

Sowohl Kennedy (1952) als auch Eckardt (1963) haben das Thema nicht sehr übersichtlich abgehandelt und es ist etwas mühsam brauchbare Informationen da rauszuholen. Da bei den Zahnerkrankungen Eckardt zu grossen Teilen von Kennedy mehr oder weniger 1:1 übersetzt hat, will ich mich hier auf Eckardt beschränken und versuche mal das herauszuschälen, was einigermassen von Interesse sein könnte, auch wenn ein guter Teil davon mit Zahnspitzen nicht so viel zu tun hat, aber für den Kontext von Interesse... auffällig ist nämlich, dass die Erkrankung als "Geifer" oder Sabber (engl. slobber) bezeichnet wird, was heutzutage etwas seltsam anmutet, da auch der Begriff nicht sehr scharf definiert erscheint.

Zitat:

Bei geifernden Chinchillas hat eine schrittweise Umwandlung der Zahn- und Knochenstruktur stattgefunden. Die Zähne wachsen regellos, ihre Wurzeln dringen jenseits der normalen Stellung und Lage ins Zahnfleisch ein und beschädigen den Kiefer. Bei geifernden Chinchillas werden die Zähne in einem Zeitraum, der sich auf einige Monate bis zu einem Jahr und mehr erstrecken kann, weitgehend verformt.

Wegen der unnormalen Entwicklung und Verformung der Knochen, welche die Zähne umgeben, werden ihre Schneide- und Mahlflächen zerstört.

[...]

Die Schneidezähne der Chinchillas wachsen im allgemeinen schnell. Bei geiferkranken Chinchillas treffen sie jedoch nicht mehr richtig oder nur in ungenügendem Masse aufeinander. Aus diesem Grunde sind die Schneidezähne natürlicher Abnutzung nicht mehr ausgesetzt. Als Ergebnis werden die oberen Schneidezähne - jedenfalls viel häufiger als die unteren, anormal, ungleich und verformt. Bei manchen geiferbefallenen Chinchillas wachsen die oberen Schneidezähne in 5-6 Wochen ca 2,5 cm, wenn man sie nicht kürzt oder sonst auf eine Weise ihr Wachstum hemmt. Ergreift man keine Massnahmen, findet man oft, dass die Zähne abwärts, nach vorn, nach hinten oder nach oben in Windungen oder Spiralform an den Seiten des Mauls wachsen.

[...]

Bei geifernden Tieren schneiden die unteren Schneidezähne gerade an der Stelle eine Furche oder Kerbe in den Schmelz der oberen Schneidezähne, an der sie aufeinandertreffen. In diesem Falle zeigt sich, dass die oberen Zähne die unteren überwuchern, indem sie ein unnormales Wachstum und eine Abweichung von der natürlichen Form der Schneidezähne zeigen.

Quelle: Eckardt 1963, S. 221-222


Aufschlussreich ist zudem der Hinweis auf Probleme bei der Mineralisierung:
Zitat:

Mit Fehlbiss oder Geifer behaftete Zähne sind sehr brüchig, spröde und leicht zerbrechlich. Versucht man, sie zu kürzen, so sieht man, dass sie nur sehr lose in ihren Alveolen sitzen und leicht vollkommen ausfallen.

Wenn man mit der Fingerspitze auf dem oberen Rand des Unterkieferknochens entlangfährt, so merkt man, dass dieser unregelmässig ist und sich bei Berührung rauh anfühlt. Prüft man die oberen Knochen auf dieselbe Weise, findet man ebenfalls höckerige und aufgerauhte Stellen.

Bei Berührung und Anfühlen der oberen Kieferregion, gerade unter und hinter den Augen, scheint diese Stelle recht empfindlich und schmerzhaft zu sein.

Quelle: Eckardt 1963, S. 222-223


Es gibt aber tatsächlich eine sehr interessante Stelle, die nicht nur relativ umfangreich die Erkrankungen bei den Backenzähne beschreibt, sondern auch das erwähnt, was gemeinhin als Zahnbrücke bekannt ist. Durch die beschreibende Natur scheint mir diese Passage sehr wertvoll zu sein:
Zitat:

Beim Untersuchen der Backenzähne von Chinchillas in fortgeschrittenem Stadium des Geiferns, sieht man, dass diese an einer Seite scharf sind und keine Mahlfläche haben. Die Backenzähne des Oberkiefers sind gewöhnlich an der äusseren Seite hoch und fallen zum Zahnfleisch hin ab. Die Backenzähne des Unterkiefers sind im allgemeinen auf der Aussenseite niedrig und die Spitze steigt nach oben über die Zunge an. Bei manchen dieser Art erkrankten Tieren wurde beobachtet, dass die Backenzähne zu beiden Seiten des Maules über der Zunge begraben waren und die kranken Tiere sie weder beim Fressen noch beim Greifen bewegen konnten. [...]

Quelle: Eckardt 1963, S. 223


Literatur:

* Eckardt, H. (1963): Das grosse Handbuch der Chinchillazucht. Verlag Harry Eckardt, Miltenberg/Main.
* Kennedy, A. (1952): Chinchilla diseases and aliments. Fur Trade Journal of Canada, Toronto. 259 S.
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BeitragVerfasst am: 24.08.2013 13:58    Titel: Re: Literatur zu Zahnspitzen? Antworten mit Zitat

Ich habe noch etwas zu ergänzen, was hier gut dazupasst:

Backenzahndurchbruch:
Backenzahndurchbruch (bei Degus)
Backenzahnwurzel-Wachstum nach außen Originalbeitrag aus dem Deguforum mit Bilder.
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