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van Lawick-Goodall (1975): Wilde Schimpansen

 
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
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BeitragVerfasst am: 05.01.2015 03:35    Titel: van Lawick-Goodall (1975): Wilde Schimpansen Antworten mit Zitat

Eine gute Weile hat mich das Buch von Jane van Lawick-Goodall beschäftigt:

Jane van Lawick-Goodall (1975): Wilde Schimpansen. 10 Jahre Verhaltensforschung am Gombe-Strom. Rowolth Taschenbuch Verlag, Reinbek. 253 S.


Vorab ein paar Worte zu meiner Motivation, dieses Buch zu lesen.
Ich hatte gute Gründe es nicht zu tun
, man nennt es auch Vorurteile:
1. Affen interessieren mich nicht (gross), das grosse Interesse der Öffentlichkeit an ihnen, weil sie uns so ähnlich sind und weil viele wohl hoffen daraus Schlüsse auf sich selbst zu ziehen, fand ich nie prickelnd noch besonders sinnvoll. Mich reizte stets der Gedanke Neues zu erforschen und zu entdecken und Themen, denen ich mich irgendwie verbunden fühle... Affen gehörten da nie dazu.
2. Ein paar verquere Vorurteile: Jane Goodall, der Name, die Assoziation: verklärte "Frauenromantik", für mich hatte das den Nachgeschmack von Frauenliteratur und es hätte mich nicht erstaunt, wenn da eine gute Prise Kitsch auch dazu gehören würde... nun, manchmal ist es gut, man kann seine Vorurteile abstreifen, denn die lösten sich ziemlich bald in Luft auf.

Es dauerte zwar, aber die Gelegenheit dazu bekam ich:
1. Tastete ich mich an das Feld der Affenforschung und Freilandstudien in Afrika heran. Es brauchte dazu etwas Umwege. Der Anfang legte Temple Grandin, die interessante Beispiele erwähnte zum Thema Fähigkeiten von Tieren und Tiere, die "sprechen" können usw. Graupapagei Alex von Irene Pepperberg ist sicher das bekannteste Beispiel. Ich las zudem auch recht früh Literatur von Konrad Lorenz und erst vor Kurzem auch was von Karl von Frisch und ich stiess irgendwann dazwischen auch mal auf ein Buch über den Affen Kanzi, dem das Sprechen mit Piktogrammen beigebracht wurde... ich freundete mich so ein bisschen mit dem Themengebiet der Affen an.
2. Es waren einige explizite Verweise von Cindy Engels ("Wild Health") und Michael Huffman (Biologe an der Tokyo University, der wie Goodall Freilandstudien an Schimpansen in Tansania betrieb), die mich zur Erkenntnis führten, dass es wohl spannend sein muss und zuletzt war dann noch eine kurze Rezension von Konrad Lorenz, der das Buch lobte. Ob so viel sachlichen Argumenten blieb mir eigenentlich nicht viel mehr übrig, als meine Vorurteile neu zu sortieren.

Inhalt
Um es vorweg zu nehmen, ich bin von dem Buch regelrecht begeistert. Es ist absolut spannend, sehr detailliert und einsichtsreich. Für alle die sich nicht ausgiebig schon mit Affen beschäftigt haben, eine kurze Warnung vorab: ihr werdet die Affenhaltung in zahlreichen Zoos nicht mehr mit den selben Augen betrachten können (es gibt zwar einige mittlerweile recht gelungene Haltungsarten, aber in vielen Zoos ist die Affenhaltung immer noch ungenügend, gerade jene der Menschenaffen). Das Buch gehört für mich zweifellos zu meinen Lieblingen und zu den wichtigsten Büchern zum Thema Tierverhalten im Freiland. Im Vergleich zu einem Tierverhaltenslehrbuch ist es so geschrieben, dass man es sich durchliest, dass man Anteil hat, an einer Geschichte, an dem Leben mehrerer Schimpansengruppen, die am Gombe-Strom vor einigen Jahrzehnten lebten.

Das Buch beschreibt unter anderem interessante Verhaltensweisen des Werkzeuggebrauchs, die Bedeutung von Fleisch in der Ernährung der Schimpansen und die Jagd nach Tieren, die Hierarchie unter den Affen, wie Schimpansenmännchen an die Macht kommen und wie sie diese verteidigen und auch wieder an jüngere Konkurrenten abgeben müssen und wie die Hierariche innerhalb der Affengruppen durch Ereignisse und soziale Beziehungen beeinflusst werden kann. Auch die Bindung zur Familie, die Bindung Mutter-Kind, die Bindung zwischen Geschwistern, der fehlende Einfluss der Mutter bei Waisenkindern und vieles mehr kommt zur Sprache und nebenbei erfährt man auch etwas über das Camp, das Forscherleben in den afrikanischen Wäldern usw.

Kontext
Eines verrät das Buch jedoch nicht, der Einfluss des Mannes, der hinter dem Schimpansenprojekt von Jane Goodall steht, Louis Leakey. Interessant ist nämlich, dass er noch zwei weitere Frauen zur Erforschung wilder Affen in der Natur ermunterte, Dian Fossey (Gorillas) und Birutė Galdikas (Orang Utans). Seine Idee die Menschenaffenforschung im Freiland zu intensivieren stiess auf fruchtbaren Boden: er fand offenbar die richtigen Leute, die sich für das Forschungsvorhaben motivieren liessen bzw. dafür schon motiviert waren und seine idee kam zu einer Zeit, in der solche Projekte auch machbar waren. Es waren sicher letztlich eine Vielzahl von Faktoren, die letztlich zum Gelingen beitrugen. Einiges erwähnte Goodall in ihrem Buch auch, zum Beispiel die Anfangsphase, bei der der Mangel an Planung sich hätte rächen können, Krieg und Auseinandersetzungen sind in dieser Region Afrikas nicht so ungewöhnlich und hätten sicher das Vorhaben auch beträchtlich stören können, die geeigneten Leute: gerade am Anfang, aber auch während der gesamten Laufzeit profitierte von einem guten Kontakt zur Lokalbevölkerung und dass Leute aus dem Volk am Projekt mitarbeiteten und durch ihr Wissen und ihre Arbeit unterstützten. Sicher gäbe es da noch einiges mehr, das man aufzählen könnte, aber mir geht es hier letztlich auch eher darum, überhaupt mal darauf aufmerksam zu machen, da ich es einen interessanten, jedoch oft vernachlässigten Aspekt finde. Letztlich aber schuff Goodall mit ihrem Projekt auch etwas, das wiedrum viele weitere Leute und Forscher motivierte und anregte und ihre Arbeit beeinflusste.

Was bringt das Buch dem Kleinsäugerhalter?
Direkt kann man ja nicht gerade viel ableiten und wenn man sich dann noch für Arten interessiert, die zum Beispiel in Südamerika oder in Asien leben, kann man auch geografisch nicht gerade gross profitieren, aber dennoch ist es das Verständnis der Plastizität, des Verhaltens, des Lebensraums... dass man einen Blick in die Blackbox Wildtier bekommt, dass man besser verstehen lernt, wie sie ticken und welche Rolle ihr Lebensraum für sie spielt. Gerade letzteres ist ein extrem wichtiger Aspekt, den man nicht genug deutlich betonen kann. Selbst viele Studien beleuchten diesen Aspekt nur ungenügend, auch wenn in letzter Zeit die Aufmerksamkeit an der Qualität des Lebensraums sicherlich gestiegen ist und synökologische Studien behutsam in dieses Gebiet vordringen.

Wo bekomme ich das Buch?
Entweder im Antiquariat ggf. auch in Secondhand Shops oder in der Bibliothek.
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