Murx Pickwick Quoten-Kobold
Anmeldungsdatum: 23.07.2005 Beiträge: 4622 Wohnort: Runkel
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Verfasst am: 25.08.2011 11:43 Titel: Re: Zahnschmelzfrage bei Degus und Co |
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Ein paar theoretische Überlegungen vorab ...
Die Zahnschmelzfärbung entsteht nicht im Maul, sonst wäre der Zahnschmelz an der Basis noch hell ... die Zahnschmelzfärbung entsteht beim Aufbau der Zähne.
Also ist schonmal klar, daß kann nix mit dem Nahrungsbrei im Futter zu tun haben, sondern muß etwas mit Stoffwechsel zu tun haben ...
Beim Stoffwechsel wiederum haben wir mehrere Ansatzpunkte, wo etwas schief gehen kann:
1) Eine Mutation hat stattgefunden, das (oder die) Enzym(e), was für die Orangefärbung der Schneidezähne zuständig ist, funktioniert nicht mehr oder nur teilweise.
2) Durch Zellschädigung kann das für die Gelbfärbung des Zahnschmelzes notwendige Enzym nicht mehr arbeiten, sei es, weil es erst gar nicht mehr hergestellt werden kann, sei es, weil es fehlerhaft hergestellt wird.
3) Die notwendigen Ausgangsstoffe für die Gelbfärbung fehlen.
4) Es gibt einen Nährstoffmangel, dieser Mangel führt dazu, daß das Enzym zur Einlagerung der Gelbpigmente nicht gebildet werden kann.
5) Es gibt einen Nährstoffmangel, der dazu führt, daß die Ausgangsstoffe zwar noch vorhanden sind, aber an wichtigeren Punkten im Körper verwendet werden und nicht mehr für den Zahnschmelz
6) diverse Infektionskrankheiten können den Einbau der Farbpigmente be- oder sogar verhindern.
1) Ist bei Ratten nachgewiesen ... Ratten benutzen Eisenoxid, welches sie in den Zahnschmelz einbauen. Fehlt der genetische Bauplan des für den Einbau notwendigen Enzyms, kann das Enzym nicht hergestellt werden, die Zähne bleiben weiß, arbeitet es genetisch bedingt nicht mit voller Kraft, weil fehlerhaft zusammengebaut, werden die Zähne statt kräftig orange zu sein nur zartgelb bis zartorange.
2) Kann man bei Kieferverletzungen manchmal bei Nagern mit orangenen Zähnen sehen ... die Zähne wachsen erstmal entfärbt nach, erst mit der Heilung des Kiefers kommt auch wieder Farbe in den Zahnschmelz.
3) Berühmtestes Beispiel hierfür sind Flamingos mit ihrem wunderschön rosaroten Gefieder ... in den Zoos blichen sie meist aus, weil die entsprechenden Farbstoffe mit der Nahrung aufgenommen werden und in das Gefieder transportiert werden - und im Zoo fehlten diese Farbstoffe. Nun wird in den Zoos Farbstoff zugefüttert und man sieht auch im Zoo rosa Flamingos und nicht nur weiße Flamingos.
Ob es sowas auch bei Nagerzähne gibt, weiß ich nicht ...
4) Solche Mängel, die dazu führen, daß ein bestimmtes Enzym nicht hergestellt wird, sind sehr oft Eiweißmängel, oder genauer gesagt, Aminosäuremängel, denn Eiweiß kann durchaus genug da sein, wenn die limitierenden Aminosäuren fehlen, nutzen die anderen Aminosäuren aus dem Eiweiß rein gar nix ...
Meist finden sich dann Querstreifen auf den Nagezähnen oder querliegende Bereiche, die mal ein klein wenig dunkler und ein klein wenig heller sind, je nachdem, ob mal etwas mehr der fehlenden Aminosäure gefuttert wurde, oder weniger. Da so ein Nagerschneidezahn nur zu einem Drittel aus dem Kiefer herausragt und nur eine bestimmte Wachstumsgeschwindigkeit hat, siehst du am Schneidezahn nur den Mangelzustand vor vier bis sechs Wochen ... es ist also möglich, daß der Mange schon längst behoben ist, wenn die erste Entfärbung sichtbar wird!
5) Beim Nährstoffmangel, der die Ausgangsstoffe betrifft, braucht man nun nur zu wissen, was zum Zahnschmelzaufbau gebraucht wird ... so braucht es beispielsweise ein Gerüst, in dem die Farbpigmente eingebaut werden, aber es braucht auch die Farbpigmente selbst, die in das Gerüst gesetzt werden müssen.
Ist das Gerüst nicht richtig zusammengebaut, bleiben die Farbpigmente nicht im Gerüst hängen und die Zähne entfärben sich, was man dann nach vier bis sechs Wochen bewundern kann, wenn die Farbpigmente fehlen, ist auch klar, was passiert ...
Als Gerüst kommt Calciumhydroxylapathit in Frage ... schon ein latenter Calciummangel würde dazu führen, daß die Zähne entfärben und man ca. 4 - 6 Wochen die blendamedweißen Zähnchen eines Chinchillas oder einer Ratte bewundern könnte ... der natürlich bei Entdeckung der entfärbten Zähne längst behoben sein kann. Ist halt die Vergangenheit, die man da sieht ...
Als Farbpigmente kommen Eisenoxide, Kupferverbindungen, Carotinoide etc in Frage ... bei der Ratte sind Eisenoxide nachgewiesen, wenn ich das mit der Fr. Dr. Ranken versuche zu interpretieren, könnte es das Kupfer aus dem Chlorophyll der Nahrung sein, was beim Chin die Zähne gelb färbt - aber dazu bräuchte man die Arbeit der Dr. Ranken.
Also kann ein Eisenmangel oder ein Kupfermangel auch zu einem Ausbleichen der Zähne führen.
6) Es gibt tatsächlich das Phänomeen bei Nagetieren mit orangenem Zahnschmelz, daß vier bis sechs Wochen nach dem Ausbruch einer Infektionskrankheit die Zähne deutlich heller sind, manchmal sogar weiß, selbst dann, wenn sie wieder zum Zeitpunkt des Enteckens der ausgebleichten Zähne gesund und munter sind.
Halten wir fest - selbst, wenn wir wissen, daß ein Nährstoffmangel zum Ausbleichen der Zähne geführt hat, wissen wir weder, ob der Mangel noch besteht, noch was für ein Mangel es ist/war ... wir wissen dann nur, vor 4 - 6 Wochen hat ein Nährstoffmangel bestanden.
Aber das ist noch nicht alles, denn die Färbung durch den Nahrungsbrei im Mund gibt es doch ... man sieht es, wenn man sich die Übergangsstelle von Zahnfleisch zu Zahn sehr genau ansieht, denn an dieser Stelle sieht man an einem haarfeinen Bereich die ursprüngliche Färbung des Zahnschmelzes im Kiefer, bevor der Zahnschmelz eingefärbt wurde.
Das Phänomeen ist, daß nun die Zähne tatsächlich von einem Tag zum Andern ausbleichen oder von einem Tag zum andern schön orange aussehen. Zwar wird dieses Phänomeen auch von der Struktur des Zahnschmelzes mitbeeinflußt (bei fehlerhaftem Aufbau des Zahnschmelzes können sehr viel leichter Pigmente aus den Zähnen gelöst werden oder aber in die Zähne hineindiffundieren, als wenn der Zahnschmelz korrekt aufgebaut ist), aber letztendlich hat es nur wenig mit Nährstoffmangel und Genetik zu tun.
Folgende Färbungen im Mundraum sind mir bislang bekannt:
- Säure (also saure Früchte z. B.) lösen Mineralstoffe aus dem Zahnschmelz, der Zahnschmelz wird tendenziell entfärbt.
- Flour drückt das Calcium aus dem Hycroxylapathit heraus und lagert sich statt dessen ein. Dabei werden Eisenoxide etc mit herausgedrückt. Der Zahnschmelz wird hart, spröde und brüchig und blendamedweiß
- Gerbstoffe lagern sich auf dem Zahnschmelz ab, gibt wunderschöne Dreckigbrauntöne
- Huminsäuren färben ein wunderschön gleichmäßiges dunkelorange, auch bei weißen Zähnen - hat mich bei einem Meerschweinchen erschreckt, welches sehr intensiv Torf gekaut hat. Meerschweinchen haben nämlich genetisch weiße Zähne und keine tieforangenen Beißerchen wie Ratte und Chinchilla.
- Calcium + Eisensalze ergeben rotbraun, offenbar wird bei der Einlagerung von Calcium im Mundraum auch gleichzeitig Eisen mit in den Zahnschmelz gelassen. Bei Meerschweinchen funktioniert das allerdings nicht.
- Vitamine als Supplement werden teilweise direkt als Pigment in den Zahnschmelz gelagert, gibt nen schönes dunkles Orange.
Und nun noch ein wenig weiterführende Threads zu dem Thema, einfach um noch mehr Gedanken ins Spiel zu bekommen
Chinboard - DENTAL DISEASE IN CHINCHILLAS
Chinboard - Calciumvorletzter Post auf der dritten Seite wirds interessant, das Vorgeplänkel ist witzlos _________________ Marx ist die Theorie
Murx ist die Praxis!
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