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Erfolg gegen Atemwegerkrankung bei Degus? (Engystol)
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   Degupedia-Forum » Gesundheit » Erfolg gegen Atemwegerkrankung bei Degus? (Engystol) Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 15.08.2015 16:15    Titel: Erfolg gegen Atemwegerkrankung bei Degus? (Engystol) Antworten mit Zitat

Huhu,

diejenige, welche Degus halten oder sich mit der Deguhaltung beschäftigt haben, wissen wahrscheinlich von der ominösen und gefürchtten "Blähbauch-Knackatem"-Erkrankung. Wie der Name es sagt, bekommen die Tiere Probleme mit den Atemwege und man hört (knackende) Geräusche, wenn sie atmen. Zudem entwickeln sie häufig eine Aufgasung (Tympanie) im Verdauungstrakt (Magen/Darm), welcher aber vermutlich eine sekundäre Folge der Antibiotikabehandlung sein dürfte.

Jedenfalls gibt es zahlreiche Fälle und Schilderungen zu diesem Krankheitsbild, die in der Regel mit Abmagerung und dem Tod der betroffenen Tiere endet - manche Halter erlösen ihre Tiere auch vorher, da das Ganze sich über einige Monate hinzieht ist es nervenaufreibend und man fühlt sich logischerweise oft auch sehr hilflos.

Ich zitiere jetzt einfach mal... ob das jetzt das Gelbe vom Ei ist, lasse ich mal offen:
Zitat:

Eíner meiner Degus hatte vor rund einem Jahr plötzlich Fieber und Schnupfen. Durch Antibiotika (Baytril) ging das Fieber weg, ab der Schnupfen wurde nicht besser.
Erst durch das homöopathische Mittel Engystol wurde der Schnupfen besser, verschwand aber nie ganz. Ich war bei drei Tierärzten und keiner konnte eine eindeutige Diagnose stellen.

(...)

Vor rund einer Woche wurde es aber schlagartig sehr schlimm, so dass er keine Luft mehr durch die Nase bekam. Der Tierarzt verschrieb ihm am Montag Chloromycetin Palmitat (Antibiotika), weil ich sagte das Baytril damals schon nicht wirkte, sowie Bisolvon als Schleimlöser. (...) Da es am Dienstag abend noch kein bisschen besser geworden war und der Degu auch das Fressen verweigerte stand der nächste TA-Besuch an. (...) Dieser gab mir einen Brei aus gemahlenem Heu zum aufpäppeln, ein Schmerzmittel und wieder Engystol mit. (...) Am Mittwoch hatte der Degu schon von den ursprünglichen 220g auf 175g abgenommen und nahm nur ab und zu mal ein Stückchen Haselnuss an.
Gegen Mittwoch abend wurde er dann aber langsam fitter und der Blähbauch wurde weniger.
Am Donnerstag abend war der Blähbauch dann vollständig verschwunden und er aß mehrere Stücke Romana-Salat. Trockenfutter wurde nach nie wie vor verweigert.
Am Freitag morgen wurde sich ebenfalls wieder gierig auf den Salat gestürzt und abends wog er schon wieder 189g.

Quelle: http://www.degus-online.de/phpbb/viewtopic.php?p=404420#p404420


So, was ist Engystol? Es wurde ja schon kurz erwähnt, dass es ein homöopatisches Mittel sei. Ich habe aber auch selbst noch kurz nachgeschaut:

Es ist ein Komplexmittel und beinhaltet folgende Substanzen:

* Sulphur (Schwefel) -> gegen akute und chronische Entzündungen der Atemwege
* Weisse Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria, Giftpflanze aus der Familie der Hundsgiftgewächse) -> Gegen Virusinfektionen

Quelle: http://reckeweg.heilpflanzen-welt.de/Praeparate/Engystol.htm
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Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 15.08.2015 22:28    Titel: Antworten mit Zitat

davX hat Folgendes geschrieben:
Ich zitiere jetzt einfach mal... ob das jetzt das Gelbe vom Ei ist, lasse ich mal offen:
Zitat:

Da es am Dienstag abend noch kein bisschen besser geworden war und der Degu auch das Fressen verweigerte stand der nächste TA-Besuch an. (...) Dieser gab mir einen Brei aus gemahlenem Heu zum aufpäppeln, ein Schmerzmittel und wieder Engystol mit. (...)
Quelle: http://www.degus-online.de/phpbb/viewtopic.php?p=404420#p404420


Heu und päppeln ist ein Widerspruch in sich. Bei solchen Erkrankungen würde ich z. B. (frisch) Spitz- und Breitwegerich, Schafgarbe, Distel, Gänsefingerkraut etc. empfehlen. Ist billiger und hilft oft besser als Homöopathie (Sorry an die Homöopathen Smile ).

freundliche Grüße,
Andreas
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 16.08.2015 00:12    Titel: Re: Erfolg gegen Atemwegerkrankung bei Degus? (Engystol) Antworten mit Zitat

Bei Degus fehlen leider Erfolgsgeschichten, die es mit frischen Heilkräutern geschafft haben, diese Symptome in den Griff zu bekommen. Wenn, dann waren es ähnlich gelagerte Fälle, die in der Regel mit Antibiotikagabe wieder gut kamen. Ob das jetzt milde Fälle waren, die auch so wahrscheinlich wieder geheilt hätten mit etwas Ruhe, Zeit und der richtigen Wiesennahrung, oder einfache Fälle bei denen Antibiotikagabe reichte, das lasse ich mal offen und das lässt sich wahrscheinlich letztlich auch nicht ganz zweifelsfrei herausfinden. Eine weitere Überlegung ist ferner, dass einige Fälle auch durch retrogrades Zahnwachstum verursacht werden könnten, was wohl nur bei frühzeitiger Behandlung geheilt werden kann, nämlich dann, wenn die Tiere noch keine typischen Symptome zeigen. In diesem Falle würde aber in einem späten Stadium weder Homöopathie noch Heilkräuter helfen.
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atropa belladonna
Freak


Anmeldungsdatum: 02.12.2008
Beiträge: 1252

BeitragVerfasst am: 16.08.2015 19:58    Titel: Antworten mit Zitat

Leider hat sich immer noch nicht die Erkenntnis durchgesetzt, dass diese ominöse Erkrankung "lediglich" ein Sammelsurium von idiopathischen Symptomen ist. Das soll heißen, dass hier tausend verschiedene Ursachen zugrunde liegen können.

So kann ein Degu mit einer echten bakteriellen Atemwegserkrankung eine solche Symptomatik an den Tag legen, aber auch ein Tier, dessen Zahnwurzeln die Nasenhöhle durchbrechen und die Atmung zunehmend behindern. In erstem Fall hilft Antibiose - möglicherweise - im zweiten Fall eher nicht. Und ich wage mal zu behaupten, dass das nicht nur "in einigen Fällen" so ist, sondern in 3/4 aller Fälle dieser Symptomatik. Ich weiß nicht mehr, wie viele Tiere ich daran verloren habe in den letzten 13 Jahren. Es waren immer die Zähne. Und dagegen ist - haha Achtung furchtbar lustiger Wortwitz! - bekanntlich kein ach so tolles Wiesenkraut gewachsen.

PS: Über die Ursache der Tympanie kann man sich noch ein wenig streiten, wenn man will. Muß man aber nicht. Meine Vermutung ist die zunehmende Maulatmung und/oder eine Dysbakterie durch zunehmende zwangsläufige Inappetenz im fortschreitenden Stadium.
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Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 16.08.2015 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn die Zähne in der beschriebenen Form das Problem sind, hat sich mein Vorschlag erledigt. Begleitende Tympanie würde ich dann auf das schlechte Kauen schieben. Ist zumindest bei Kaninchen ein möglicher Grund. Zuviel schlecht bzw. unzerkaute Nahrung im Darm.

freundliche Grüße,
Andreas
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 16.08.2015 22:27    Titel: Re: Erfolg gegen Atemwegerkrankung bei Degus? (Engystol) Antworten mit Zitat

Danke Atropa, du sprichst mir aus dem Herzen. Ich hatte ähnliche Überlegungen, nur eigene Gewissheit zu sagen, dass es die Zähne waren, das habe ich nicht und das Problem ist wohl auch, dass viele Halter das nicht einfach prüfen können, entweder müsste man es mit entsprechender Diagnostik nachweisen oder sonstwie ein zuverlässiges Verfahren haben, sonst bleibt da vieles Rätselraten. Ich habe auch den Eindruck, dass das eines der Probleme ist, dass viele Tierhalter das nicht prüfen können oder wollen oder nicht auf die Idee kommen, die richtigen Untersuchungen zu machen und man in den meisten Fällen gar nicht versucht die Zähne ausschliessen zu können (bzw. falls nicht, die Ursache zu finden).

Zitat:

Begleitende Tympanie würde ich dann auf das schlechte Kauen schieben.

Naja, ich fand halt schon auffällig, dass die Tympanien in fast allen beschriebenen Fällen und auch bei mir ziemlich unmittelbar nach der ersten (oralen) Antibiotikagabe auftraten. Das schlechte Kauen kann sicher auch ein wichtiger Faktor sein, mir scheint es aber, dass Antibiotika in vielen Fällen der Auslöser sind: denn in den allermeisten Fällen haben Tierärzte immer noch die glorreiche Idee, man müsse die oral verabreichen, statt sie unter die Haut zu spritzen. Das dürfte dann im Darmtrakt nicht ohne Folgen sein. Die bis dahin vielleicht noch einigermassen im Lot stehende Darmflora wird mehr oder weniger ausgelöscht und es gibt Platz, damit sich pathogene Mikroorganismen ausbreiten kann... Probleme im Verdauungstrakt sind da dann vorprogrammiert. Kommt dann noch schlechtes Kauen dazu und in Folge schlechte Verdauung, kommt noch mehr Nährstoff im Dickdarm und für die Mikroorganismen an, welche fleissig ihre Gasproduktion hochfahren... 100% sicher, dass meine Theorie da stimmt, bin ich natürlich nicht, aber die Indizien legen doch etwas in diese Richtung nahe.

Aber immer noch die beste Erklärung finde ich, dass man zu Hauf liest, dass die Tympanien kämen, weil die Tiere statt durch die Nase durch den Mund atmeten und dann Luft schlucken würden... nunja, gewisse Ansichten halten sich offenbar hartnäckig.
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 16.08.2015 22:38    Titel: Re: Erfolg gegen Atemwegerkrankung bei Degus? (Engystol) Antworten mit Zitat

Der Vollständigkeit halber, zum Thema retrogrades Zahnwachstum, das geht oft einher dann mit Elodontome:
http://www.degupedia.de/forum/viewtopic.php?t=2847&highlight=elodontoma
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Andryna
Nager-Erforscher


Anmeldungsdatum: 06.03.2014
Beiträge: 47
Wohnort: Hessen

BeitragVerfasst am: 17.08.2015 10:15    Titel: Antworten mit Zitat

Um die Zähne ausschließen zu können, muss ein Röntgenbild gemacht werden. Und da sträuben sich viele Halter ja leider vor aufgrund der Narkose. Und das bei einem geschwächten Tier, was womöglich schon aufgebläht ist und abgenommen hat.
Ich habe mit Narkosen bisher zwar nur gute Erfahrungen gemacht, bei meinem Kili, der letztendlich auch Blähbauch und Knackatem hatte, waren es wahrscheinlich auch die Zähne, und er hat jede Narkose gut vertragen, erst nach der Zahnsanierung ging es langsam bergab (aber selbst danach war er bis auf Atemgeräusche recht schnell fit).

Ich denke auch nicht, dass es nur eine Krankheit ist, sondern eine Ansammlung von ähnlichen Syptomen.

Zitat:
Naja, ich fand halt schon auffällig, dass die Tympanien in fast allen beschriebenen Fällen und auch bei mir ziemlich unmittelbar nach der ersten (oralen) Antibiotikagabe auftraten.

Das ist mir auch aufgefallen bei div. Fällen, die im Forum, aber auch auf Facebook beschrieben wurden.
Meine Tierärztin hatte mir die Wahl gelassen zwischen AB und "Nasentropfen", beides oral. Wegen der obigen Beobachtung habe ich auf AB verzichtet. Kilis Symptome sahen ohne Blähbauch nach Erkältung aus und hatten sich nach wenigen Tagen ohne Zugluft wieder gelegt, kamen dann aber 1-2 Wochen später mit Blähbauch wieder. Die Obduktion habe ich dann zeitlich verpasst (Entfernung zur obduzierenden Klinik ohne Auto nicht machbar).
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Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 17.08.2015 20:56    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

vorweg als Merker folgendes:
Meserve, P. L. (1981) hat Folgendes geschrieben:

The food habits of Octodon degus reflect its generally herbivorous diet in most seasons at Fray Jorge. 0. degus consumed a moderate proportion of seeds except in January 1974 (X = 25.6 ± 18.3% by volume) and a high proportion of shrub and herbaceous foliage (X = 60.0 ± 20.3% ). Shrub conductive tissue was of major importance in the dry season (up to 47.3% by volume in May 1974) and consisted of stems and branches of Porliera and Chenopodium, the two main shrubs that retained their leaves and presumably had active photosynthesis. Arthropods were of minor importance and most seeds consumed were those of shrubs (except in January 1974) rather than of herbaceous plants.
Quelle: Meserve, P. L. (1981): Trophic Relationships among Small Mammals in a Chilean Semiarid Thorn Scrub Community. Journal of Mammalogy, Vol. 62, No. 2. pp. 304-314
http://www.jstor.org/stable/1380707?seq=1#page_scan_tab_contents


Ich habe mich jetzt mal durch den Thread im DeguForum gekämpft. Eine gute Antwort für das Problem wurde bereits am 26.06.2006, 14:20 von "Kirstin" gegeben:
Kirstin hat Folgendes geschrieben:

mir ist aufgefallen, dass bei vielen Krankheitsbeschreibungen JR Farm-Degufutter auftaucht. Und dann habe ich mir mal die Zusammensetzung dieses Futters angesehen.

Dieses Futter enthält eine ganze Reihe von Hülsenfrüchten, die für ihren Hemmstoffanteil (Inhibitoren) bekannt sind. Hemmstoffe behindern die Eiweißsynthese und die Aufnahme von Mineralstoffen. Darüber hinaus rufen sie Blähungen hervor (kennt jeder von sich selbst). Eine regelmäßige, häufige Aufnahme von Hülsenfrüchten, zu denen auch die Soja-Bohne gehört, kann den Lathyrismus - Lähmungen - hervorrufen. Die Gefahr der Hemmstoffe wird durch Kochen reduziert, deshalb soll man als Mensch diese Früchte nicht roh essen. Was haben sie (roh) im Degu-Futter zu suchen?
Im JR Farm befinden sich gleich drei Hülsenfrüchte: Luzerne, Erbse, Ackerbohne. Rotklee gehört zwar nicht zu den Hülsenfrüchten, ruft aber ebenso (und zwar viel stärker als der Weißklee) Blähungen hervor.
Ich vermute, dass für diese Krankheitserscheinungen - Atemwegsprobleme und Blähungen - vor allem immungeschwächte Tiere anfällig sein werden. Haben sie erstmal Atemwegsprobleme, sind sie zusätzlich so geschwächt, dass sie auch anfällig für die problematischen Stoffe in den Hülsenfrüchten werden.
http://www.degus-online.de/phpbb/viewtopic.php?f=3&t=9432&start=20


Leider wurden ihre Einlassungen mehr oder weniger abgebügelt. Zu Unrecht. Wenn auch nicht unbedingt in jedem Detail, schließe ich mich aber ihrer Darstellung weitgehend an.

Die meisten in dem Thread füttern ihren Degus überwiegend irgendwelchen Trockenfuttermist, dazu Heu und Gemüse. Bei dem eingangs zitierten Merker "Meserve (1981)" finde ich nicht eines dieser Nahrungsbestandteile für wildlebende Degus. Das heißt, bei den Fütterungen handelt es sich also um Alternativen zur arttypischen Nahrung.

Es gibt Nährstoffe, die werden als "essentiell" bezeichnet. Das heißt, sie können vom Körper nicht selbst hergestellt (synthetisiert) werden und müssen über die Nahrung zugeführt werden. Dazu zählen bestimmte Amino- und Fettsäuren. In Heu und Gemüse sind die Gehalte viel zu niedrig und stehen in einem schlechten Verhältnis zueinander. Dazu kommt noch eine grottenschlechte Zusammensetzung der Gerüstsubstanzen. Während man sich für Heu und Gemüse in bestimmten Nachschlagewerken noch selbst davon überzeugen kann, ist das für Trockenfutter gar nicht möglich. Da werden, wenn überhaupt, nur Rohnährstoffe angegeben.

Den niedrigen Gehalten an essentiellen Aminosäuren werden jetzt durch das Trockenfutter noch solche hinzugefügt, die auch noch den Stoffwechsel des Wenigen in den Zellen behindern. Grandios. Die Folge ist ein gestörter Proteinstoffwechsel in der Darmschleimhaut mit Geweberückbildung und somit ein Aktivitätsverlust der Disaccharidasen, also jener Enzyme, die Zweifach- in Einfachzucker umwandeln und in der Darmschleimhaut produziert werden. Diese Einfachzucker werden im Dünndarm direkt resorbiert. Ist die Umwandlung nicht mehr gegeben, bilden die Kohlenhydrate nun die Nahrung für Bakterien. Die "vergären" diese Kohlenhydrate. Was jetzt folgt, wird als "Gärungsdiarrhö" bzweichnet: Gluckern und Glucksen im Bauch, Aufblähung, Durchfall.

Mit weniger Worten: weil die Aminosäurezusammensetzung im Hauptteil der Nahrung nicht passt, passt auch der Kohlenstoffsatoffwechsel nicht und führt zu Blähungen und Durchfall.

Der makabre Witz an der Sache ist der, dass die Tiere zwar viel fressen, aber trotzdem förmlich verhungern. Der hohe Rohproteingehalt in der Nahrung suggeriert etwas, was nicht gegeben ist: eine ausreichende Versorgung mit essentiellen Aminosäuren. Ich möchte wetten, bei den Organveränderungen in dem Thread handelte es sich u. a. auch um eine Fettleber.

Kommen noch die essentiellen Fettsäuren dazu: Die nehmen direkt Einfluss auf das Immunsystem. Deshalb ist der Schnupfen wahrscheinlich auch immer eines der ersten Symptome. Essentielle Fettsäuren sollten beim Menschen in einem Verhältnis von 4-5 : 1 = entzündungshemmend (a-Linolensäure) : entzündungsfördernd (Linolsäure) vorliegen. In den meisten Gemüsesorten ist das Verhältnis direkt umgekehrt und wie im Heu auch zu niedrig.

Warum sind nie alle Tiere betroffen? Jeder Organismus ist ein Individuum. Manche Tiere schaffen es irgendwie, mit dem Mangel zurechtzukommen, andere halt nicht. Manche sind konstitutionell von Geburt an schlecht aufgestellt und da geht das Immunsystem schneller in die Knie als bei anderen. Man steckt nicht drin. Deswegen wird einem auch selten geglaubt und lieber die Genetik in Betracht gezogen.


Zu dem "retrograden Zahnwachstum": diese ominöse Bezeichnung ist so irreführend wie nur möglich und ich persönlich halte sie schlicht für Quatsch. Zähne wachsen nicht rückwärts oder haben wir es bei Degus jetzt mit einer wundersamen Negation des natürlichen Zahnwachstums in seine entgegengesetzte Richtung zu tun? Das ist doch Kokolores und soll nur vom Wesentlichen ablenken: eine schlechte Haltung und Ernährung als Ursache für vermeidbare Erkrankungen. Dass Zahnwurzeln in die Nasengänge eindringen, hat nichts mit einem "Wachstum" zu tun, sondern mit Zahnfehlern, die aus falscher Enrährung entstehen. Sie "wachsen" nur scheinbar in eine falsche Richtung, weil sie zu lang sind oder schief stehen. Dieses "Wachsen" ist aber nichts weiter als ein Ausweichen in einen Raum, der dem überhohen (eigentlich nicht normalen) Druck beim Kauen den geringsten Widerstand bietet. Das sind die feinen, dünnknöchernen Nasengänge. Da "wachsen" sie aber nicht hinein, weil die Natur plötzlich verrückt spielt, sondern weil schon lange Zeit vorher etwas schiefgelaufen ist. Und das ist die schlechte Ernährung. Erst die schafft überhaupt die Möglichkeit, dass sich Zähne falsch entwickeln/abnutzen/schiefstellen. Diese Zahnprobleme stehen aber in der Regel erst am Ende der langen Kette des Leidens der Tiere und bilden sozusagen den krönenden Abschluss.

Manche Zahnprobleme lassen sich sicher nicht mehr mit Wiesenkräutern "behandeln", aber man kann mit ihnen solchen Problemen vorbeugen. Sind die erst einmal da, ist es dann sowieso meist zu spät.

freundliche Grüße,
Andreas

Edit: wenn nicht schon vorher durch die Vergärung von Kohlenhydraten, können Aufgasungen letztlich zusätzlich auch durch schlecht gekautes Futter auftreten - als Sahnehäubchen auf den ganzen Schlamassel sozusagen.
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atropa belladonna
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Anmeldungsdatum: 02.12.2008
Beiträge: 1252

BeitragVerfasst am: 17.08.2015 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

Der Thread von Kirstin ist gefühlte 3000 Jahre alt und mittlerweile hat sich auch in Deguhalterkreisen herumgesprochen, dass Selbstgemischtes zumindest mal besser ist als JR Farm - das zum einen und zum anderen ist mittlerweile ebenfalls bekannt, wie problematisch Luzerne, Ackerbohnen, Erbsenflocken &Co sind. Die heutige Trockennahrung weist wesentlich mehr Kräuter, Blüten, Blätter auf und auch Sämereien in moderaten Massen. Heu hat auch seine Bedeutung als "Brot" der Tiere verloren, Frischkost jedoch - und ich rede nicht von Gemüse, sondern Gras et al -nehmen viele Degus immer noch nicht an, sondern fressen es definitiv erst angetrocknet. Man munkelt ja, dass Degus dann doch ein wenig andere Ernährungsgewohnheiten haben als Kaninchen....

Zitat:
Und das ist die schlechte Ernährung. Erst die schafft überhaupt die Möglichkeit, dass sich Zähne falsch entwickeln/abnutzen/schiefstellen. Diese Zahnprobleme stehen aber in der Regel erst am Ende der langen Kette des Leidens der Tiere und bilden sozusagen den krönenden Abschluss.


Ja ganz genau so ist es, Andreas!

Weißt Du, ich hatte vor 8 Jahren das Glück, vier Deguwürfe gleichzeitig zu haben (insgesamt 24 Jungtiere). Ich habe alle Degus behalten und konnte so genau die Entwicklung der Kleinen verfolgen, was ich unbedingt mal tun wollte, denn bisher hatte ich fast ausschließlich Tiere mit Zahnfehlern übernommen und wollte nun sehen, wie sie sich mit artgerechter Ernährung in dem Sinne, wie wir sie bezeichnen (Wiese, Kräuter, viel Äste und Laub, Sämereien) entwickeln. Und was soll ich sagen: Sie haben sich definitiv NICHT alle gleich entwickelt. In jedem Wurf waren 2-3 Degus, die massive Zahnprobleme hatten. Die betroffenen Tiere sind alle im Alter von ca. 4 Jahren gestorben - so, wie es für diese Symptomatik üblich ist. Schlechte Ernährung? Wohl kaum. Ich schreibe das nicht, weil ich keine Kritik ob meiner Ernährungsform dulde, sondern weil ich es genauso Käse finde, die Genetikkomponenente komplett abzubügeln und stattdessen hauptsächlich "falsche" Ernährung dafür verantwortlich zu machen.

Wenn wir schon über Ernährung sprechen, wäre wenn überhaupt in diesem Fall die pränatale "Ernährung" durch die Plazenta der Mutter unter die Lupe zu nehmen. Oder die Ernährung der Mutter während der Trächtigkeit. Ihre Entwicklung (ein achtwöchiges Deguweibchen, das sehr schmächtig ist und nicht gerade aus bester Haltung kommt, wird wohl kaum die körperlichen Vorteile besitzen, sechs gesunde und gutentwickelte Jungtiere zur Welt zu bringen).

Ich sage, diese Erkrankung ist eine Komponente der unterschiedlichsten Faktoren. Genetik, Haltung und Ernährung des Muttertiers, Alter und körperliche Konstitution des Muttertiers und dann natürlich die Ernährung des Nachwuchses. Zudem sind Zahnprobleme auch nicht gleich Zahnprobleme, Tiere, deren Problem (warum auch immer) an den Molaren lag, konnten dies wesentlich besser über die Ernährung kompensieren als jene mit dem Problem an den Schneidezähnen.

Ich empfehle auch, sich mal Bilder verschiedener Degus anzuschauen. Dann wird dem geneigten Betrachter auffallen, welche frappierenden Größen- und Staturunterschiede es bei den Kleinen gibt. Und auch, wie unterschiedlich die Kopfformen sein können... Ja, ich weiß, Du bist der Meinung, das spiele keine Rolle. Immerhin züchtest Du ja Löwenköpfchen, wenn mich nicht alles täuscht, und keins von denen hat Zahnprobleme dank der guten Ernährung. Vergiss aber mal nicht, dass Du bei Deinen Tieren auf eine längere, konstante Zuchtlinie zurückblicken kannst und gewährleistet ist, dass alle Faktoren für ein gesundes Heranwachsen des Tieres gegeben sind. In Degukreisen ist das leider dank immer noch wilder hirnlos-Vermehrung oder falscher Zuchtziele immer noch nicht gang und gäbe. Und somit kann ein zu kleiner Kopf unter Umständen schon zum Knackpunkt werden...
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Andreas
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Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 17.08.2015 22:12    Titel: Antworten mit Zitat

atropa belladonna hat Folgendes geschrieben:
Die heutige Trockennahrung weist wesentlich mehr Kräuter, Blüten, Blätter auf und auch Sämereien in moderaten Massen. Heu hat auch seine Bedeutung als "Brot" der Tiere verloren, Frischkost jedoch - und ich rede nicht von Gemüse, sondern Gras et al -nehmen viele Degus immer noch nicht an, sondern fressen es definitiv erst angetrocknet. Man munkelt ja, dass Degus dann doch ein wenig andere Ernährungsgewohnheiten haben als Kaninchen....

Dann scheint also die Beschreibung über freilebende Degus auch gefühlte 3000 Jahre alt und deswegen hinfällig. Ist schließlich von 1981.

Wenn 4 verschiedene Deguweibchen Würfe mit jeweils 2-3 Zahnfehlern hervorbringen, würde ich, wenn sie alle vom selben Züchter kamen, vielleicht auch auf eine genetische Disposition tippen. Um das zu beurteilen, müsste man die Eltern kennen. Aber: ein genetischer Zahnfehler äußert sich in der Regel relativ früh, also mit einem Alter von spätestens 6-8 Wochen. Ich gehe somit davon aus, dass Du Deine 12 Tiere ab dem zweiten Lebensmonat immer regelmäßig zum Schleifen gebracht hast und sie nur deswegen 4 Jahre alt wurden.

Alle Zahnfehler, die sich erst im Laufe des Lebens entwickeln, gelten als erworben, also bedingt durch Verletzungen, schlechte Haltung und/oder Fütterung. Jekl erwähnt in seinem Artikel über "Elodontoma" auch eine Zusammenarbeit mit F. Harcourt-Brown. Die hat auf dem Gebiet der Kaninchenzähne und Kieferknochen viel Licht ins Dunkel gebracht. Zumindest für mich. Ich kann sie Dir nur wärmstens ans Herz legen (Textbook of rabbit medicine). Und ja, Mist, sie hat mich in meiner Meinung noch bestärkt.

Gute Nacht,
Andreas
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atropa belladonna
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Anmeldungsdatum: 02.12.2008
Beiträge: 1252

BeitragVerfasst am: 17.08.2015 22:39    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Dann scheint also die Beschreibung über freilebende Degus auch gefühlte 3000 Jahre alt und deswegen hinfällig. Ist schließlich von 1981.


Wenn Du das miteinander vergleichen willst, dann ist das wohl so. Ich persönlich unterscheide allerdings zwischen einem fast 10 Jahre alten Posting zu einem Thema, das eine doch recht dynamische Entwicklung durchgemacht hat und einer objektiven Tierbeobachtung.

Vielmehr als Deine Unterstellung, ich hätte die Lebenserwartung meiner Tiere künstlich durch regelmäßige Stressexposition beim TA herabgesetzt, würde mich die Tatsache interessieren warum -unter dem Aspekt der erworbenen Fehlstellungen (wovon wir bzw. Du ja davon ausgehst, dass es haltungs-/ernährungsbedingt ist) - immer nur ein Teil der Tiere betroffen war. Normalerweise hätten ja dann alle Tiere gleichermaßen Zahnprobleme entwickeln müssen- mehr oder weniger. Leider kann ich das aber nicht bestätigen. Ein kleiner Teil dieser Tiere lebt heute noch - mit perfektem Gebiss.

Falls es Dich interessiert, auch wenns dazu keine Studie gibt: bis vor einiger Zeit galten 4 Jahre noch als das Durchschnittsalter von Degus. Mittlerweile sind 6-7 Jahre plus keine Seltenheit. So schlecht kann die sich mittlerweile durchgesetzte Haltungs- und Ernährungsrichtlinie also irgendwie doch nicht sein....
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BeitragVerfasst am: 18.08.2015 06:12    Titel: Re: Erfolg gegen Atemwegerkrankung bei Degus? (Engystol) Antworten mit Zitat

@Andryna
Das mit der Obduktion machte ich damals über den Tierarzt und der hatte glaubs einen Kurier. Ich machte aber bei zwei Obduktionen sehr unterschiedliche Erfahrungen: das erste Mal ging die Obduktion an die Universität Zürich und die war ausführlich und preismässig doch noch recht moderat. Das zweite Mal machte es irgend so eine private Institution und es war oberflächlich, schlampig, knapp und vorallem auch teuer (deutlich teurer als die Uni... dabei hat die Uni bzw. das Universitätsspital das dort dazu gehört, was Kosten angeht, nicht gerade den besten Ruf, aber bei der Obduktion konnte ich echt nicht meckern).

@Andreas
Was das Vorbild in der Natur und was die Relaität bei vielen Haltern angeht, da stimme ich dir zu und ich sehe das auch so. Ehrlich gesagt habe ich schon seit längerer Zeit den Eindruck, dass man sich teilweise den Mund fusselig reden kann und die Leute füttern dann doch munter irgendwelches Trofu, Erbsenflocken, Ackerbohnenflocken und Co. oder noch besser, es ist gleich im verfütterten Hauptfutter drin ist und das hat sinnigerweise so Namen wie Degufutter extra light oder so. Was man leider auch immer wieder hört, dass die Degus überhaupt kein Frischfutter nehmen würden und ich bin mir da ehrlich gesagt jedes Mal nicht sicher, wieviel davon wahr sein kann und wie ernsthaft die Bemühungen sind, dass die Degus die Möglichkeit bekommen artgerechte Nahrung zu bekommen, sprich Wiese, frisches Laub usw. also all das was so plus minus dem entspricht, was sie in der Wildnis fressen würden.
Und selbst wenn die Degus es bevorzugen würden, das Grünzeugs erst zu fressen, wenn es angewelkt ist oder langsam austrocknet, so ist das ihre Entscheidung und sollten sie doch die Möglichkeit haben, es auch frisch zu fressen, wenn sie wollen. Dann ist es ihre Entscheidung. Ich hatte in all den Jahren und bei über 10 Degus, die ich hielt, kein einiziges Tier, das sich nicht letztlich hätte von frischen Kräutern, Gras und Laub hätte überzeugen lassen. Gut, bei mir gab es zeitweise auch kaum Alternativen und da war dann die Wahl es frisch zu fressen mit den anderen oder sich mit dem Rest begnügen, den die anderen übrig liessen und dann trocknete... für viele Degus dürfte das wohl dann letztlich ein ziemlich überzeugendes Argument sein, es doch mal mit frischem Futter zu versuchen Wink.

Was Kirstins Theorie angeht, so ist zumindest das MIsstrauen gegenüber Hülsenfrüchten nichts Neues und ich bin dem Gedanken ganz offen gesagt nicht abgeneigt, im Gegenteil, ich hatte auch mehrere Jahre kaum Hülsenfrüchte gefüttert. Was das Thema Lathyrismus angeht, so habe ich vage in Erinnerung, dass wir das vor ein paar Jahren hier im Forum schon mal hitzig und recht intensiv durchdiskutiert haben mit dem Ergebnis, dass ein paar Platterbsenarten diese Symptome auslösen können sollen, andere wiederum seien unauffällig. Zudem erinnere ich mich, dass damals auch festgestellt wurde, dass es Unterschiede zwischen dem Menschen und verschiedenen Tierarten gäbe und man nicht einfach vom Menschen auf Tiere schliessen könne. Ich hatte daher damals bei mir das Thema Lathyrus bei Tieren als fragwürdig abgespeichert.

Zitat:

Es gibt Nährstoffe, die werden als "essentiell" bezeichnet. Das heißt, sie können vom Körper nicht selbst hergestellt (synthetisiert) werden und müssen über die Nahrung zugeführt werden. Dazu zählen bestimmte Amino- und Fettsäuren. In Heu und Gemüse sind die Gehalte viel zu niedrig und stehen in einem schlechten Verhältnis zueinander. Dazu kommt noch eine grottenschlechte Zusammensetzung der Gerüstsubstanzen. Während man sich für Heu und Gemüse in bestimmten Nachschlagewerken noch selbst davon überzeugen kann, ist das für Trockenfutter gar nicht möglich. Da werden, wenn überhaupt, nur Rohnährstoffe angegeben.

Das sind sicher sinnvolle Überlegungen, ich möchte hier aber konkret zu bedenken geben, dass Degus deutlich mehr Sämereien fressen als beispielsweise Meerschweine, Kaninchen aber auch als Chinchillas. In der von dir angegebenen Quelle kann man nämlich nachlesen, dass der Saatenanteil in ihrer Nahrung beachtlich schwankt und wenn ich da nichts durcheinanderbringe, dann sollte man dort eine Spanne von etwa 5-60% finden und selbst im Schnitt sind es etwa noch ein Viertel, welche die Samen ausmachen. Nun kommt es sicher auf die Samen an, welche verfüttert werden, aber grundsätzlich enthalten Samen in der Regel mehr Aminosäuren und Fettsäuren und bei einer sinnvollen Mischung sollten die gröbsten Fehler durch Gemüse und Heu zumindest etwas eingedämmt werden. Das entschuldigt zwar diese Ernährung nicht, da es genug andere Apsekte gibt, die an Heu und Gemüse auch nicht gut sind, aber da die Theorie den Schwerpunkt auf Aminosäuren und Fettsäuren legt, müsste man diesen Aspekt berücksichtigen.
So wie bei der Zusammenstellung des Raufutters, das bei vielen Halter leider immer noch hauptsächlich mit Trockenfutter gleichgesetzt wird, es starke qualitative Unterschiede gibt, so gehe ich davon aus, dass das auch bei den Saaten zutrifft.

Zitat:

Zu dem "retrograden Zahnwachstum": diese ominöse Bezeichnung ist so irreführend wie nur möglich und ich persönlich halte sie schlicht für Quatsch. Zähne wachsen nicht rückwärts oder haben wir es bei Degus jetzt mit einer wundersamen Negation des natürlichen Zahnwachstums in seine entgegengesetzte Richtung zu tun? Das ist doch Kokolores und soll nur vom Wesentlichen ablenken: eine schlechte Haltung und Ernährung als Ursache für vermeidbare Erkrankungen. Dass Zahnwurzeln in die Nasengänge eindringen, hat nichts mit einem "Wachstum" zu tun, sondern mit Zahnfehlern, die aus falscher Enrährung entstehen. Sie "wachsen" nur scheinbar in eine falsche Richtung, weil sie zu lang sind oder schief stehen. Dieses "Wachsen" ist aber nichts weiter als ein Ausweichen in einen Raum, der dem überhohen (eigentlich nicht normalen) Druck beim Kauen den geringsten Widerstand bietet. Das sind die feinen, dünnknöchernen Nasengänge. Da "wachsen" sie aber nicht hinein, weil die Natur plötzlich verrückt spielt, sondern weil schon lange Zeit vorher etwas schiefgelaufen ist. Und das ist die schlechte Ernährung. Erst die schafft überhaupt die Möglichkeit, dass sich Zähne falsch entwickeln/abnutzen/schiefstellen. Diese Zahnprobleme stehen aber in der Regel erst am Ende der langen Kette des Leidens der Tiere und bilden sozusagen den krönenden Abschluss.

Was das Wachstum angeht, da ist die Bezeichnung sicher unglücklich gewählt. In einem gewissen Sinne "wachsen" die Zähne aber doch in die verkehrte Richtung: sie wachsen zwar vorwärts, aber durch den Druck werden sie halt in den Schädel hinein gedrückt. Für den unbedarften Beobachter sieht das halt so aus, als ob sie verkehrt wachsen würden. Wenn du da jetzt darauf aufmerksam machst, dass in Zukunft da besser differenziert und das Thema präzisiert wird, dann ist das sicher sinnvoll. Leider ist dieser falsche Begriff weit verbreitet und ich musste selbst feststellen, dass man in der Literatur nichts dazu findet, eben weil da genau genommen nichts verkehrt wächst. Aber ohne diese Diskussion wäre mir das wohl nicht so deutlich bewusst geworden, obwohl ich schon gewusst habe, dass Zähne genau genommen nur vorwärts wachsen und dieses verkehrte "Wachstum" durch verschiedene Faktoren verursacht wird, eben Zähne die schlecht abgenutzt werden und zu lang werden, kein Platz mehr haben und dann letztlich gegen hinten durchbrechen und in den Schädel und die Augenhöhlen eindringen.
Was das ablenken von anderen Themen angeht, da geht es letztlich um zweierlei Dinge:
1) Prävention, da sind Haltung und Ernährung wichtig
2) Konkrete Therapie bei Erkrankung und Symtpome. Je nach dem kann man da noch eine Menge tun oder aber man kommt zu spät. Die Diagnostik kann hier helfen, dass man die Erfolgschancen zumindest in einigen Fällen besser abschätzen kann. Wenn wir von dieser "Blähbauch"-Erkrankung sprechen, dann meinen wir - falls wirklich die Zähne mit im Spiel sind - dass es in der Regel da schon zu spät ist und wir den ersten Punkt mit der Prävention knicken können.

Und jetzt mal ehrlich, wenn herauskommen würde, dass sagen wir ein Drittel all dieser Tiere, welche jene Symptome zeigen, massive, unheilbare Zahnprobleme hätten, wäre das nicht eine Katastrophe und müsste man da nicht vielleicht das Thema Haltung und Ernährung überdenken? Oder vielleicht etwas präziser Eigenwahrnehmung versus Realität, sprich wie genau Deguhalter es mit solchen Themen nehmen? Dass all diese Fälle genetischer Natur sind, kann ich mir schlecht vorstellen, gerade auch weil viele Leute noch eine Fütterung haben, die doch recht weit entfernt von dem ist, was die Degus in der Wildnis haben. Wo ich momentan die eigentliche Tragödie sehe, dass man so wenig weiss. Selbst wenn nur jeder vierte Degu untersucht würde oder meinetwegen jeder sechste oder achte, würde bei dieser Anzahl an berichteten Fälle doch eine Fülle an Informationen zusammenkommen, die helfen könnte der Verbreitung von Zahnprobleme und deren möglichen "Ursauche" (wobei diese in der Regel ja auch wieder durch irgendwas verursacht werden) besser einzuschätzen.
Und wenn da auch noch andere Ursachen dabei sind, die man so besser abgrenzen könnte, wäre das letztlich sicher bei der Behandlung hilfreich.

Zitat:

Der Thread von Kirstin ist gefühlte 3000 Jahre alt und mittlerweile hat sich auch in Deguhalterkreisen herumgesprochen, dass Selbstgemischtes zumindest mal besser ist als JR Farm - das zum einen und zum anderen ist mittlerweile ebenfalls bekannt, wie problematisch Luzerne, Ackerbohnen, Erbsenflocken &Co sind. Die heutige Trockennahrung weist wesentlich mehr Kräuter, Blüten, Blätter auf und auch Sämereien in moderaten Massen. Heu hat auch seine Bedeutung als "Brot" der Tiere verloren, Frischkost jedoch - und ich rede nicht von Gemüse, sondern Gras et al -nehmen viele Degus immer noch nicht an, sondern fressen es definitiv erst angetrocknet. Man munkelt ja, dass Degus dann doch ein wenig andere Ernährungsgewohnheiten haben als Kaninchen....


Zitat:

Dann scheint also die Beschreibung über freilebende Degus auch gefühlte 3000 Jahre alt und deswegen hinfällig. Ist schließlich von 1981.

Darin unterscheiden sich Foren und wissenschaftliche Studien... wobei so generell man das ja auch nicht sagen darf, auch die Wissenschaft ist beispielsweise gewissen Modeströmungen untwerworfen. Aber tendenziell sind Foren deutlich stärker Modeströmungen ausgesetzt und Meinungen, die sich ändern können. Auch merkt man vielen Foren an, dass die Leute, die schreiben, im Gegensatz zur Wissenschaft, keine solide Grundbildung zuerst absolvieren müssen und nicht selten kann man über die Jahre den Sinneswandel und Zuwuchs an Erfahrung und Wissen aktiver Schreiberlinge beobachten. Kommt noch dazu, dass in den Foren Informationen recht ungefiltert und somit auch recht unsortiert eingestellt werden. In den besseren Foren gibt es kritische Stimmen, die unsinnige Aussagen entlarven und auf Fehler hinweisen, aber auch denkbar ist, dass Leute teilweise alte Beiträge selbst noch korrigieren. Aber grundsätzlich liegt in den Foren die Einschätzung und Bewertung der Informationen bei den Lesern.
Bei so einer Deguernährungsstudie gibt es dagegen deutlich weniger Spielraum für eigene Einschätzungen, Interpretationen etc. Vorallem hat man mit dem Zahlenmaterial auch handfeste Fakten.
Und was konkret die Aussagen von Kirstin angehen, waren diese oft zwar im Forum umstritten, was teilweise wohl auch an ihrer Person lag, ich fand ihre Meinungen aber durchaus interessant, denn einige Ideen von ihr stellten sich letztlich als doch nicht so verkehrt heraus, insbesondere ihre Ansicht zu Nüssen. Sie trieb mich da damals erst fast in den Wahnsinn mit ihren Argumenten, konnte mich aber letztlich davon überzeugen, dass Nüsse vielleicht auf dem Speiseplan der Degus stehen könnten und dass Degus die offenbar sehr gerne haben, und tatsächlich fand ich einige Jahre später den Beweis, dass wildlebende Degus Nüsse fressen, zwar kleine Kokosnüsse (Coquitos) und keine Walnüsse, aber was spielt das schon für eine Rolle. Ich fand es damals einfach toll, dass ich letztlich einen solchen Beweis fand, der die Vorliebe für Nüsse erklärte. Es gab aber auch immer wieder Aussagen, die schienen mir eher abenteuerlich - andere Leute sahen das oft noch extremer als ich, wobei ich denke, dass sie oft auch schon wegen ihrer Art aneckte. Ich würde aber schon sagen, wenn ich einen Rückblick mache, dass bei mir die positiven und interessanten, unkonventionellen Ideen überwogen und ihre Hartnäckigkeit beim Thema Nüsse oder auch ihre Begeisterung für das Thema tiefe Einstreu aus Stroh, das ist bei mir letztlich in Erinnerung geblieben. Wink

Was jedoch die Ernährungsumstellung im Deguforum angeht, bin ich ehrlich gesagt etwas skeptischer. Es gibt sicher eine Handvoll Leute, die sich da sehr interessieren und engagieren und auch beim Thema Frischfutter/Wiesenfutter erfahren sind. Ich habe aber auch immer wieder mal gehört, dass man in den Ernährungsbereich nicht so gerne reinschaue, also gewisse Leute und man das mit der Ernährung nicht so eng sehe und sich da nicht verunsichern lasse. Dazu kommt, dass es von Seiten des Deguforums keine detaillierten, offiziellen Fütterungsanweisungen gibt, schon gar nicht mit genauen Pflanzenlisten, was man in etwa so zu verfüttern habe, in welchen Mengen, noch Auflistungen und genaue Angaben wieviel Frischfutter, Trockenfutter und wasauchimmer man genau geben müsse/dürfe so à la 50g Frischfutter pro Tier und Tag, 20g Sämereien (natürlich mit klaren Empfehlungen was in der Mischung drin sein muss) etc. Die Zahlen sind natürlich alle frei erfunden. Auf der anderen Seite fehlt der Support, dass mehrere engagierte Halter geschlossen für eine Ernährung basierend auf Wiese sich einsetzen, was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass einige Leute das als nicht machbar ansehen, gerade wenn es um grössere Tierbestände angeht und dass wahrscheinlich auch Unsicherheiten bei sonst erfahrenen Halter diese Haltung noch bestärken dürften.
Man kann daher in die Fütterungsempfehlungen viel selbst hinein interpretieren. Dazu kommt, dass viele Leute, die im Ernährungsbereich schreiben, hauptsächlich ihren Fokus auf getrocknete Kräuter, Blüten und Co. legen, die man in hippen kleinen Onlindeläden in verschiedenen Verpackungsgrössen kaufen kann und das kann man dann schön posten und immer wieder darüber schreiben, was man so kauft. Die wenigsten machen sich dagegen die Mühe, dass man raus geht, den Tieren hauptsächlich Grünzeug holt und wenn, es macht kaum jemand sich die Müh, dann noch Fotos zu machen und darüber zu schreiben. Ich kam mir da immer ein bisschen einsam vor beim Thema Grünzeug als Hauptfutter.
Es könnte nun auch in dieses Muster passen, dass ein Beitrag über Werkzeuge für die Grünfutterernte dort bisher unbeantwortet blieb, den ich kürzlich schrieb und in dem ich im Wesentlichen auf unsere doch lebhafte Diskussion im Forum hier Bezug nahm. Ich möchte da allerdings auch nicht zuviel reininterpretieren, kann es schliesslich auch sein, dass mein Schreibstil und die Textmenge vielleicht einigen nicht zusagt und das Forum auch nicht mehr so aktiv ist wie auch schon, während wir hier zumindest unseren festen Kreis an Leute haben, die wohl täglich oder fast täglich rausgehen auf die Wiesen und sich über solche Themen freuen Smile.

Zitat:

Vielmehr als Deine Unterstellung, ich hätte die Lebenserwartung meiner Tiere künstlich durch regelmäßige Stressexposition beim TA herabgesetzt, würde mich die Tatsache interessieren warum -unter dem Aspekt der erworbenen Fehlstellungen (wovon wir bzw. Du ja davon ausgehst, dass es haltungs-/ernährungsbedingt ist) - immer nur ein Teil der Tiere betroffen war. Normalerweise hätten ja dann alle Tiere gleichermaßen Zahnprobleme entwickeln müssen- mehr oder weniger. Leider kann ich das aber nicht bestätigen. Ein kleiner Teil dieser Tiere lebt heute noch - mit perfektem Gebiss.

Das ist in der Tat etwas, das ich auch unlogisch fand. Die Degus mit Zahnprobleme hatten praktisch fast alle Deguhalter, es gab daneben aber in vielen Fällen aber auch Tiere, die offenbar keine Probleme mit den Zähnen hatten, sodass es schon da Unterschiede gab. Es gab zudem Beobachtungen von langjährigen Deguhalter, die beobachteten, dass Zahnprobleme zunahmen, wobei es aber da schon denkbar wäre, dass in den Anfängen zwar viel falsch gemacht wurde, was der Lebenserwartung der Tiere nicht zuträglich war, die Ernährung aber womöglich für die Zähne gar nicht so schlecht war, gerade auch in Bezug auf Mangelerscheinungen. Dann wurde die Ernährung umgestellt und unter Umständen könnten sich da schon Fehler eingeschlichen haben, die Zahnprobleme dann begünstigten.
Ich hielt wohl selbst nicht genug Degus um einigermassen aussagekräftige Tendenzen daraus auszulesen. Bei meinen ersten zwei Degus, die ich von 1999 bis etwa 2003/2004 hatte, da hatte der eine Degu Zahnprobleme und ich musste die Zähne kürzen lassen. Danach hatte ich einige Degus und eigentlich nie mehr Probleme, dass ich hätte Zähne kürzen lassen müssen. Ein paar entwickelten zwar auch Wildwuchs wie V-förmige Schneidezähne, aber kamen damit offenbar zurecht und frassen normal. Andere behielten bis ins Alter ein schönes Gebiss.
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BeitragVerfasst am: 18.08.2015 07:17    Titel: Re: Erfolg gegen Atemwegerkrankung bei Degus? (Engystol) Antworten mit Zitat

Andryna hat Folgendes geschrieben:

Um die Zähne ausschließen zu können, muss ein Röntgenbild gemacht werden. Und da sträuben sich viele Halter ja leider vor aufgrund der Narkose. Und das bei einem geschwächten Tier, was womöglich schon aufgebläht ist und abgenommen hat.
Ich habe mit Narkosen bisher zwar nur gute Erfahrungen gemacht, bei meinem Kili, der letztendlich auch Blähbauch und Knackatem hatte, waren es wahrscheinlich auch die Zähne, und er hat jede Narkose gut vertragen, erst nach der Zahnsanierung ging es langsam bergab (aber selbst danach war er bis auf Atemgeräusche recht schnell fit).

Ich denke es wäre wichtig, dass man auch solche Erfahrungen teilt. Ich hatte letztes (oder vorletztes?) Jahr auch noch ein recht altes Meerschweinchen operieren lassen, das eine starke Wucherung am Kopf hatte und es steckte die Narkose recht gut weg, lebte dann noch etwa ein halbes Jahr, bis dann die Hüfte nicht mehr mitmachten und sie kaum noch laufen konnte. Die Frage, die ich mir damals stellte, war was wäre, wenn ich nichts tue und wog das mit Nutzen und Risiken durch den Eingriff ab.

Gerade bei den Degus würde mehr Diagnostik mehr Licht ins Dunkle bringen, zumindest was die bisher doch recht vagen Spekulationen über Zahnprobleme als mögliche Urasche angeht. Egal in welche Richtung man da so eine Tendenz ausmachen könnte, es wäre ein erster kleiner Fortschritt.

Zitat:

Wegen der obigen Beobachtung habe ich auf AB verzichtet. Kilis Symptome sahen ohne Blähbauch nach Erkältung aus und hatten sich nach wenigen Tagen ohne Zugluft wieder gelegt, kamen dann aber 1-2 Wochen später mit Blähbauch wieder.

Okay, womöglich beschleundigt Antibiotika die Ruinierung der Darmflora (zumindest in einigen Fällen), sodass es lediglich eine Frage der Zeit ist.
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BeitragVerfasst am: 18.08.2015 07:43    Titel: Re: Erfolg gegen Atemwegerkrankung bei Degus? (Engystol) Antworten mit Zitat

Noch eine Ergänzung, da Andreas die Ernährungsstudie von Meserve erwähnt hat, ich habe die bei meiner Übersicht über die Ernährung der Wilddegus auch ausführlich behandelt:
http://www.degupedia.de/wiki/index.php/Nahrung_der_Wilddegus

Man findet dort Pflanzen, viel Zahlenmaterial, zu dem was Degus so fressen und der grosse Vorteil unserer Wiki: man kann viele Pflanzen anklicken und bekommt dann weitere Infos, oft auch mit Fotos und wenn nicht, gibt es am Ende des Artikels weiterführende Links, in denen es in der Regel Fotos gibt.
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